: Neue Lockerbie-Initiative
■ Nach einer Vermittlung der Arabischen Liga in Kairo reisen Vertreter der Opfer des Flugzeuganschlages von 1988 nach Libyen
Kairo/Berlin (AFP/taz) – Zwei Vertreter der britischen Opfer des Flugzeuganschlags von Lockerbie sind gestern erstmals nach Libyen gereist, um neue Vorschläge für einen angestrebten Prozeß gegen die mutmaßlichen Täter zu unterbreiten. Der neue Versuch, Bewegung in die festgefahrene Angelegenheit zu bringen, erfolgte, nachdem der Sprecher der Angehörigen, James Swire, Kontakte mit Vermittlern der Arabischen Liga aufgenommen hatte.
Nach Ansicht des Rechtswissenschaftlers Robert Black aus Edinburgh, der die Opfer vertritt, sollen die Vorschläge von 1994 „verfeinert“ werden. Damals war ein Prozeß auf neutralen Boden – etwa in Den Haag – vorgeschlagen worden. Swire äußerte sich nicht näher zu den Einzelheiten der neuen Vorschläge. Vermutlich geht es darum, die Verhandlung vor einem internationalen Gremium von Juristen nach schottischem Recht zu führen. Libyen hatte diesen Vorschlag damals akzeptiert, die USA und Großbritannien lehnten ihn ab.
Laut einem Bericht der britischen Rundfunkanstalt BBC wurden die von der Arabischen Liga nach Libyen übermittelten Vorschläge positiv aufgenommen. Daher beschloß Swire, selbst nach Tripolis zu reisen. „Die Anwort erfolgte dermaßen prompt, daß wir glauben, daß wir dorthin müssen“, sagte Swift, der bei dem Anschlag seine Tochter Flora verlor.
Über der schottischen Ortschaft Lockerbie war 1988 ein US-Flugzeug durch eine Bombe explodiert, 270 Menschen starben. Die USA und Großbritannien beschuldigen Libyen der Tat und verlangen von dem Land die Auslieferung zweier Geheimdienstagenten. Libyen lehnt einen Prozeß gegen die beiden Verdächtigen, Abdel Basset Ali al-Meghrani und Lamen Khalifa Fhima in den USA oder Großbritannien jedoch ab. Der libysche Revolutionsführer Muammar al- Gaddafi argumentiert, in diesen Ländern sei nicht mit einem fairen Verfahren zu rechnen. Die UNO hatte damals Wirtschaftssanktionen gegen das nordafrikanische Land verhängt, um Gaddafi zum Einlenken zu bewegen.
Swire nannte die Sanktionspolitik am Mittwoch eine „Verschwendung“ der letzten sechs Jahre. Selbst die USA und Großbritannien hätten eingesehen, daß diese Politik gescheitert sei.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen