■ Mit der Europa-AG auf Du und Du: Deutsche Extrawurst
Berlin (taz) – Wer in Deutschland, Frankreich oder Italien eine Kapitalgesellschaft gründen will, weiß, was ihn erwartet. Wie aber eine europäische Aktiengesellschaft, die sogenannte Europa-AG, aussehen soll, wird seit mehr als 25 Jahren diskutiert – eine verbindliche Rechtsform gibt es bislang nicht. Streitpunkt ist vor allem die Mitbestimmung. Hier sperren sich die Deutschen, die mit der Drittelparität im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften das demokratischste Modell vorlegen, während die Gewerkschaften in den anderen Ländern weniger oder gar nicht beteiligt sind. Jetzt haben die Briten in Brüssel wieder einen Kompromißvorschlag gemacht: Bei jeder Neugründung handeln Gesellschafter und Beschäftigtenvertreter aus, wie sie es mit der Mitbestimmung halten wollen. Um die Gefahr einzuschränken, daß die Beschäftigten dabei auf bisherige Rechte verzichten müssen, soll das Ergebnis nur dann verbindlich werden, wenn das weitestgehende nationale Mitbestimmungsmodell übernommen wird – oder zwei Drittel der Beschäftigten einem anderen Vorschlag zustimmen. Der Vorschlag hat Chancen: Die Bundesregierung zeigt sich angetan und hat bereits erklärt, sie wolle ihn unterstützen.
Ein „Wahlgeschenk an die Gewerkschaften“, toben jetzt die Unternehmerverbände. „Damit werden deutsche Firmen in der Praxis diskriminiert“, erklärt Peter Wiesner, Rechtsexperte des BDI: Immer wenn sie dabeiseien, müßte den Gewerkschaften ein Drittel der Stimmen im Aufsichtsrat eingeräumt werden. „Deutsche Beteiligungen würden dann vermieden.“ Die deutsche Wirtschaft baut bislang darauf, daß mit der Rechtsreform eine Angleichung nach unten stattfindet. Einen entsprechenden Vorschlag, der eine generelle 20prozentige Mitbestimmung vorsah, hatte vor kurzem eine Expertengruppe ausgearbeitet. bw
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