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Bahn AG vorsichtig geworden

■ 56 „von außen verursachte“ Zwischenfälle hat das Innenministerium seit Anfang des Jahres auf und an Bahnstrecken registriert

Berlin (taz) – Sie sind vorsichtig geworden und nervös seit dem Unglück von Eschede, die Beschäftigten der Deutschen Bahn AG. „Unsere Leute sind angewiesen, schnell zu handeln, sobald sich etwas Verdächtiges tut“, sagte ein Sprecher der Bahn AG am Donnerstag. Und das tun sie auch: Am Mittwoch nachmittag hielt zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage ein Hochgeschwindigkeitszug der Bauart ICE-1 mitten auf der Strecke, weil dem Zugführer „ungewöhnliche Geräusche“ aufgefallen waren. Die rund 250 Reisenden im ICE Amalienburg von München nach Hamburg mußten ihre Fahrt in Celle abbrechen und in einen Interregio umsteigen.

Allerdings konnten weder die Mitglieder eines vor Ort eingesetzten Sicherheitsteams der Bahn AG noch die Experten im Betriebswerk Hamburg-Eidelstedt, die den Zug über Nacht untersuchten, Schäden feststellen.

Erst am Samstag war der ICE Prinz Eugen von Wien nach Hamburg in der Oberpfalz gestoppt worden, weil Fahrgäste und Zugpersonal „Poltergeräusche“ gehört hatten. Spezialisten hatten einen Triebwerksschaden entdeckt. Auch Überlebende und Ohrenzeugen des Escheder Unglücksfalles mit dem ICE Wilhelm Conrad Röntgen von München nach Hamburg hatten übereinstimmend erklärt, von ungewohnten Geräuschen aufgeschreckt worden zu sein, bevor der Zug entgleist und gegen eine Brücke gerast war. Urheber des Ratterns war vermutlich ein geplatzter Radreifen gewesen.

Daß die Deutsche Bahn AG nicht nur mit technischen Sicherheitsrisiken umgehen muß, zeigt ein Bericht des Innenministeriums über 56 verschiedene Zwischenfälle bei der Bahn im ersten Halbjahr 1998. 40mal waren Anschläge auf Züge oder Bahnstrecken verübt worden. Wie Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) am Donnerstag erklärte, war die Akte vom Bonner Verkehrsministerium angefordert worden. Sie stehe weder in Zusammenhang mit sicherheitstechnischen Fragen noch mit dem Unglück von Eschede, wie Bild in einem Vorabbericht suggeriert habe.

Das nach diesen Informationen gefährlichste Ereignis hatte am 14. März stattgefunden, als Unbekannte die Strecke zwischen Hildesheim und Braunschweig mit Betonplatten blockiert und eine Weiche beschädigt hatten. Ein ICE war in die Hindernisse gefahren, jedoch nicht entgleist. Obwohl die Lokomotive angeschlagen war, konnte der Zug noch bis zum nächsten Bahnhof fahren. „Bei Betonplatten werden Todesopfer in Kauf genommen“, hatte ein Bahnsprecher damals erklärt.

Die weitere Liste der Störfälle reicht von Hakenkrallen auf Oberleitungen bis zu zerstörten Signalanlagen und einem Sprengsatz, der im Januar im nordrhein-westfälischen Mettingen gefunden wurde. Ziel der Anschläge waren sowohl Gütertransporte wie auch Interregio- und ICE-Strecken. Auf die Täter gibt es nach Angaben des Ministeriums kaum Hinweise, die 13 Hakenkrallen-Anschläge, die den Bahnverkehr jeweils für einige Stunden lahmlegten, schreibt die Polizei allerdings Castor-Gegnern zu. 1996 seien insgesamt 85 und im vergangenen Jahr 68 Zwischenfälle registriert worden. bw

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