: Zaghafter Neuanfang zwischen Bonn und Teheran
■ Bundesaußenminister Kinkel trifft sich mit seinem iranischen Kollegen Charrasi
New York (AFP/AP/rtr) – Deutschland und Iran haben einen ersten vorsichtigen Schritt zu einem Neuanfang in ihren seit mehr als einem Jahr belasteten Beziehungen getan. 14 Monate nach dem Mykonos-Urteil vereinbarten Bundesaußenminister Klaus Kinkel und sein iranischer Kollege Kamal Charrasi bei ihrem ersten offiziellen Treffen am Mittwoch in New York „so schnell wie möglich“ eine weitere Begegnung. Beide Seiten wollten alles Mögliche tun, „um offene Fragen zu lösen“, um „Schwierigkeiten aus der Vergangenheit beizulegen“.
Kinkel nannte die Atmosphäre des Treffens, das am Rande der UN-Drogenkonferenz stattfand, gut. Er habe das Gefühl, daß „wirklich der Wille vorhanden ist, wieder in bessere Beziehungen zu kommen“. Der Minister räumte aber auch ein: „Man kann nicht von heute auf morgen so schweres Fahrwasser einfach beiseite schieben.“ Charrasi sagte, er erwarte künftig „viel bessere Beziehungen“.
Die deutsch-iranischen Beziehungen waren nach dem Mykonos-Urteil eines Berliner Gerichts, in dem staatliche iranische Stellen als Auftraggeber für die Ermordung von iranischen Oppositionellen benannt worden waren, in die Krise geraten. Darauf folgte eine „Eiszeit“ im Verhältnis auch zur Europäischen Union, die aus Solidarität mehrere Monate lang ebenfalls ihre Botschafter aus Teheran abzog. Seit dem Amtsantritt des als moderat geltenden neuen Präsidenten Mohammed Chatami im Sommer vergangenen Jahres bahnte sich eine vorsichtige Wende an. Der wegen anti-iranischer Propaganda verurteilte regimekritische Schriftsteller Faradsch Sarkuhi durfte nach seiner Haftentlassung den Iran Anfang Mai verlassen und zu seiner Familie nach Deutschland reisen.
Kinkel betonte, beide Seiten seien sich einig, daß Fragen aus der Vergangenheit einen „Neubeginn nicht überschatten dürfen“. Bonn und Teheran seien daran interessiert, neben den politischen Beziehungen auch wirtschaftlich voranzukommen.
Diplomatischen Kreise zufolge wurden auch die noch strittigen Themen zwischen beiden Ministern nicht ausgeklammert. Kinkel sprach auch den Fall des zum Tode verurteilten deutschen Geschäfsmanns Helmut Hofer an; dem 56jährigen werden verbotene sexuelle Beziehungen zu einer Muslimin vorgeworfen. Kinkel habe seinen iranischen Amtskollegen vor einer Vollstreckung des Urteils gewarnt. Ein solcher Schritt könne die Beziehungen erneut schwer belasten. Die iranische Nachrichtenagentur Irna berichtet hingegen, Hofer sei kein Thema gewesen, da es sich um ein rein juristisches Thema handle.
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