Schweizer Banken kaufen sich frei

■ Einigung mit dem Jüdischen Weltkongreß: Holocaust-Opfer erhalten 1,2 Milliarden Dollar Entschädigung für einbehaltene Vermögenswerte. Anwalt kündigt verschärftes Vorgehen gegen Deutsche und Dresdner Bank an

Berlin (taz) – Nach der Einigung der Schweizer Banken mit den US-amerikanischen Holocaust-Überlebenden auf die Zahlung von 1,2 Milliarden Dollar wollen Anwälte nun auch den Druck auf die beiden beklagten deutschen Banken verstärken. 18 Milliarden Mark fordert eine internationale Gruppe von Anwälten von der Deutschen und der Dresdner Bank.

Am Mittwoch abend hatten sich in New York die Vertreter der Banken und der Kläger außergerichtlich auf die Summe von 1,2 Milliarden Dollar geeinigt. Noch am 19. Juni hatten die Banken lediglich eine Zahlung von 600 Millionen Dollar angeboten – ihr letztes Wort, hieß es damals. Rund 20 US-Bundesstaaten und 30 Gemeinden hatten daraufhin gedroht, alle Geschäfte mit den Schweizer Banken einzustellen. Die Boykottankündigungen haben die Banken nun einknicken lassen.

Mit der Zahlung, die binnen drei Jahren in verschiedenen Raten erfolgen soll, sind alle Ansprüche gegen die Schweizer Banken wegen der Profite aus dem sogenannten Blutgold als auch aus den Vermögen der „nachrichtenlosen Konten“ abgegolten. Regierung und Schweizer Nationalbank sind an der Regelung nach wie vor nicht beteiligt – sie hatten jede Verantwortung abgelehnt. Gleichwohl sichert die Vereinbarung zu, daß die Kläger auch gegen sie keine Ansprüche mehr stellen werden. Ausgenommen bleiben lediglich die noch anhängigen Sammelklagen gegen verschiedene europäische Versicherungen. Credit Suisse und UBS, die beiden Großbanken, die den Vergleich ausgehandelt haben, hoffen nun, „daß sich weitere Schweizer Unternehmen und Institutionen an der Finanzierung des Betrags beteiligen werden“.

„Mit der Einigung von New York“, sagte gestern der Münchner Anwalt Michael Witti, der gemeinsam mit einer internationalen Gruppe von Anwälten nach eigenen Angaben knapp 30.000 Mandanten vertritt, „ist das Thema nicht erledigt, jetzt geht es erst richtig los.“ Die Forderung von 18 Milliarden Dollar, die Deutsche und Dresdner Bank zahlen sollen, ist allerdings eher symbolisch, sagte Anwalt Witti gestern zur taz. Am 7. Oktober soll in New York über die Zulassung der Klage entschieden werden. Es stehe den Banken frei, so Witti, das Verfahren zu verkürzen und sich gleich zu einer außergerichtlichen Einigung bereit zu finden.

Davon jedoch will die Deutsche Bank nichts wissen. Ihr Sprecher Walter Schumacher wollte sich gestern zur New Yorker Einigung nicht äußern – solange es um ein „möglicherweise anhängiges Verfahren“ ginge, so Schumacher auf Anfrage, werde man keinen Kommentar abgeben. Im Juni hatte die Deutsche Bank die Forderungen zurückgewiesen. Die Klageschrift, hieß es da, enthalte keine neuen Fakten über die Verwicklung der Deutschen Bank. Die allerdings lieferte eine im Auftrag der Deutschen Bank selbst erstellte Studie, die, wie berichtet, Anfang August veröffentlicht wurde, über den Goldhandel der Bank zwischen 1942 und 1944. Die Bank und ihr langjähriger Vorständler Hermann Josef Abs, so die Studie, mußten von der Herkunft des – geraubten – Goldes gewußt haben. Bernd Pickert Bericht Seite 8