: Ohne Begrenzung weiter
■ Die Chefs der deutschen Atomindustrie werden um ihre 19 Goldesel kämpfen
Berlin (taz) – Wer in Deutschland einen Konsens mit der Atomindustrie sucht, hat es neben dem AKW-Hersteller Siemens vor allem mit den Betreiberunternehmen von 19 Reaktoren zu tun. Allen voran RWE mit den laufenden AKW Biblis A und B sowie Gundremmingen B und C. Der Gigant aus Essen dürfte vor allem durch seine Verflechtungen mit der SPD in Nordrhein-Westfalen ein gewichtiges Wort in der neuen Regierung mitzureden haben. RWE- Oberboß Dietmar Kuhnt und sein Energie-Chef Roland Farnung wollen eigentlich gar nicht über einen Ausstieg verhandeln.
Der zweite Atomkonzern, PreussenElektra, wiederum sitzt direkt in Schröder-Country. Die Firma aus Hannover betreibt das AKW Unterweser in Esenshamm und Grohnde. Dazu kommen noch Krümmel, Stade, Brokdorf und Brunsbüttel zusammen mit der Hamburger HEW (ebenfalls SPD- regiert). Preussen-Chef Hans-Dieter Harig drohte mit Schadensersatzforderungen, falls die Politik früher aus der Atomkraft aussteige, als es betriebswirtschaftlich sinnvoll sei. Das läßt Raum für Interpretationen. Harig meint gar, es gebe „keine naturgegebene Begrenzung“. Im allgemeinen wollen die Betreiber die Blöcke mindestens 40 Jahre laufenlassen. Die Baukosten haben sie schon Jahrzehnte vorher drin, den Rest der Laufzeit dient der Reaktor als Goldesel. Der jüngste Meiler ist knapp zehn Jahre alt.
Die VEW aus Dortmund – ebenfalls Nordrhein-Westfalen – betreibt das AKW Emsland in Lingen. Im Südwesten der Republik ist dieses Jahr der neue Großversorger EBW entstanden – aus dem Zusammenschluß der Energieversorgung Schwaben und dem Badenwerk. Unter seiner Regie laufen die beiden Blöcke Neckarwestheim (davon einer zusammen mit der Deutschen Bahn), Obrigheim sowie Philipsburg 1 und 2.
Die brachialsten Verfechter der Atomindustrie sitzen bei den Bayernwerken. Deren Chef Otto Majewski hat der neuen Regierung gar Schadensersatz in „dreistelliger Milliardenhöhe“ angedroht, wenn sie die Atommeiler sofort stillegen sollte. Gedeckt vom größten Aktionär, dem Freistaat Bayern, betreiben die Münchner die AKW Grafenrheinfeld bei Schweinfurt, Isar 1 und 2 in Ohu sowie die Gundremminger Blöcke zusammen mit RWE. rem
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