: Böger sucht Kontroverse mit Diepgen
■ Nach Diepgen zogen die SPD-SenatorInnen und ihr Fraktionschef Klaus Böger eine eigene Leistungsbilanz der Großen Koalition
Flankiert von den fünf SPD-SenatorInnen hat SPD-Fraktionschef Klaus Böger gestern erstmals eine Bilanz der SPD-Leistungen in der Großen Koalition gezogen. Böger, der sich bei der Urwahl am 17. Januar um die SPD-Spitzenkandidatur bewirbt, bot damit ein Bild, als sei er schon der Regierende Bürgermeister eines SPD- geführten Senats. Den Amtsinhaber Eberhard Diepgen, der am Vortag vielleicht zum letzten Mal seine Jahresbilanz präsentiert hatte, griff Böger scharf an.
Die Konfusion in der Krankenhauspolitik sei das Ergebnis „zu langen Hinhaltens und Taktierens,“ für das Diepgen die Verantwortung trage. Der Beschluß der CDU-Fraktion, die konfessionellen Träger von Schließungen auszunehmen, verstoße gegen die Koalitionsvereinbarung. Böger warf Diepgen eine unklare Haltung in der Flughafenpolitik vor.
Diepgen hatte die Große Koalition am Mittwoch erstmals als Reformkoalition bezeichnet, worauf ihm Böger Etikettenschwindel vorwarf. Es handle sich vielmehr um eine „Koalition der Notwendigkeit“, betonte der SPD-Fraktionschef. Als wichtigstes Ziel für die nächste Legislaturperiode nannte Böger den wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt. Diepgens Festhalten am amtsmüden Wirtschaftssenator Elmar Pieroth habe der Stadt geschadet. „Zögerlichkeit, Unentschlossenheit und altes Denken lassen den Ruck nicht zu, der durch Berlin gehen müßte“, sagte Böger. Die SPD habe mit Finanzsenatorin Annette Fugmann- Heesing für ein Umsteuern in der Finanzpolitik gesorgt. Auch die Verwaltung sei reformiert worden.
CDU-Fraktionschef Landowsky bezeichnete Bögers Vorgehen indes als „untauglichen Profilierungsversuch“ vor der SPD-Urwahl am Sonntag. Dies erinnere an Aschenputtel: „Die Guten ins Töpfchen der SPD, die Schlechten ins Kröpfchen der CDU.“
Stadtentwicklungssenator Peter Strieder erklärte, es komme darauf an, der Stadt eine Richtung zu geben. „Das muß in einer wirklichen Reformkoalition geschehen, nicht in einer Koalition der Notwendigkeit.“ Als rot-grüne Reformprojekte nannte Böger die Verkehrspolitik sowie die Wissenschafts- und Forschungspolitik. Strieder forderte ein Umsteuern in der Wohnungspolitik. Das millionenschwere Eigenheimprogramm müsse zugunsten der Entwicklung der Innenstadtquartiere aufgegeben werden.
Justizsenator Ehrhart Körting verwies auf zwei Reformvorhaben, die mit der CDU nicht zu machen seien: ein Informationsrecht der Bürger gegenüber der Verwaltung, das für mehr Transparenz sorge und die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften. Dorothee Winden
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