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Nur das Ticken der Zeitbombe hält wach

■ Warum man den Pro-7-Thriller „Götterdämmerung“ (20.15 Uhr) trotz seiner Mängel zu Ende guckt

Zunächst überrollt ein aufgedonnerter Vorspann den Zuschauer. Dann geht es – Schnitt – ins Bett zu Alex (Tim Bergmann) und Sandra (Christiane Paul). Bemüht turteln die beiden in hölzernen Dialogen, da klingelt erst das Telefon, dann sein Pieper. Klar, er muß los. Schon diese Szene macht das Protagonistenpärchen suspekt. Denn sie soll eigentlich gar nicht groß zur Figurenzeichnung beitragen, sondern bloß die Handlung in Gang bringen: Er wird gebraucht, weil er als Supertaucherunterwasserbombenentschärfer im Polizeidienst steht.

Doch nur wenige Szenen später darf sich Sandra wieder zu ihrem Alex gesellen und ihn als sachverständige Historikerin bei seiner Arbeit unterstützen. Schon bald erweisen sich die beiden dann als klassisch-konservatives Action- Pärchen, deren privates Glück (jung geheiratet!) durch die beruflichen Beanspruchung nicht gestört wird, sondern nur mal kurz in den Hintergrund tritt. Denn sie haben eine Mission: Ein Nazi- Scherge hat Berlin zur Hitlerzeit in Top-secret-Auftrag mit unterirdischen Selbstzerstörungsbomben ausgestattet. Und plötzlich ticken unterm Potsdamer Platz die Zeitzünder, läuft der Countdown, droht alles hochzugehen – und nur Christiane Paul und Tim Bergmann können die nahende „Götterdämmerung“ verhindern, mit der uns der Titel droht.

Nun kann im Thriller-Genre die bizarre Idee ja durchaus ihren Reiz entwickeln, wie etwa im November 1998 in der ebenfalls von Pro 7 produzierten Horror-Mär „Die Schläfer“. Nur hatte die dort entworfene Fiktion um das mörderische Treiben auf einer Ostsee-Insel im Gegensatz zum Berliner Nazi-Szenario auch gewissen Charme und schwarzen Humor. Überdies war dort die Herangehensweise geschickter: Einer scheinbar Verrückten bei der Identitätssuche zuzusehen ist interessanter als ein Schablonenduo.

Warum aber guckt man überhaupt weiter, wenn man sich ständig ärgert? Etwa wegen der zahlreichen, mit peinlichen Sprücheklopfereien als Kumpelrituale zelebrierten Tauchgänge der Bombensucher? Wohl kaum. Es liegt wohl eher daran, daß Regisseur Joe Coppoletta ein paar Kniffe der Spannungsdramaturgie beherrscht: Geschickt verzögern beispielsweise Zweifel der Polizei- Oberen an der Echtheit des braunen Spuks die Ermittlungen. Außerdem tickt die Uhr unerbittlich weiter. Und dann ist da ja auch noch Christiane Paul, die zusammen mit wenigen Nebendarstellern (etwa Rüdiger Vogler als Kommissar) ab und an einen Hauch natürlicher Emotion ins Geschehen bringt.

Aber warum eigentlich gibt sich Christiane Paul so oft für mittelmäßige Streifen her, in denen ihre Partner (wie hier Tim Bergmann) vor allem durch bemühtes Textaufsagen auffallen? Wenn man die Filmographie der Schauspielhoffnung betrachtet, stößt man zwar auf ein Highlight („Das Leben ist eine Baustelle“) und ein paar nette Versuche („Der Pirat“, „Mammamia“), aber auch ziemlich viel Schrott („Workaholic“, „Dumm gelaufen“, „Nur der Sieg zählt“, „Der Schutzengel“). Apropos Schrott: Pro 7 hat offenbar Gefallen an Untergangsszenarien gefunden und kündigt für 1999 gleich noch zwei weitere Endzeitfilme an: „Apokalypso“ und „Der Bunker“ heißen die Werke, falls sich das jemand vormerken will. Peter Luley

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