: Malaysias Mahathir triumphiert erneut
Die Regierung bewahrt ihre Zweidrittelmehrheit, die Opposition kann die Zahl ihrer Parlamentssitze aber fast verdoppeln. Besonders die Islamisten legen zu und übernehmen einen weiteren Bundesstaat ■ Von Jutta Lietsch
Bangkok (taz) – Überschwängliche Gefühlsausbrüche sind die Sache von Malaysias Premierminister Mahathir Mohamad nicht. Doch als die Ergebnisse der Parlamentswahlen in der Nacht zum Dienstag bekannt wurden, konnte der 73jährige seinen Triumph kaum verbergen: Seine Koalition hat ihre beherrschende Stellung im 193köpfigen Parlament bewahrt. „Das Volk hat uns mehr als eine Zweidrittelmehrheit gegeben. Das ist der klare Beweis für seinen Wunsch, dass wir das Land führen“, sagte Mahathir. Das Ergebnis beschert dem dienstältesten gewählten Regierungschef Asiens eine fünfte Amtszeit.
Die Oppositon verfehlte ihr Ziel, über ein Drittel der Mandate zu gewinnen. Ein Lichtblick: Wan Azizah Wan Ismail, die Ehefrau des inhaftierten Ex-Vizepremiers Anwar Ibrahim, setzte sich im alten Wahlkreis ihres Mannes im Bundestaat Penang durch. Die Opposition konnte ihre Mandate von 23 auf 45 fast verdoppeln. Davon entfallen auf Azizah Ismails neue „Nationale Gerechtigkeitspartei“ nur fünf. Die meisten Gewinne erzielte die islamistische PAS, die schon zuvor als einzige Oppositionspartei einen Bundesstaat regierte: Sie konnte Mahathirs UMNO nun auch noch den Staat Terengganu entreißen.
Trauer herrscht bei der chinesisch dominierten „Demokratischen Aktionspartei“ (DAP). Parteichef Lim Kit Siang verlor seinen Sitz. Er hatte lange Zeit als fast einziger Politiker im Parlament seine Stimme mutig gegen Amtsmissbrauch, Korruption und Ungerechtigkeit erhoben.
Viele WählerInnen haben sich offenbar von der massiven Kampagne der Regierung überzeugen lassen, die fast die gesamte Presse und die Finanzkraft Mahathir-naher Unternehmen in der Hand hat. Ununterbrochen erinnerten die Medien die Bevölkerung daran, dass sie ihren Wohlstand nur der Regierung zu verdanken habe und dass die Opposition das Land ins Chaos stürzen würde.
Die Wahl brachte eine wichtige Veränderung: Ein beachtlicher Teil der traditionellen muslimisch-malayischen Wähler der Regierungspartei UMNO stimmte diesmal für die oppositionelle islamistische PAS. Die Ursache war der Zorn darüber, wie Mahathir seinen einstigen Stellvertreter und designierten Nachfolger Anwar behandelte. Er war im Gefängnis verprügelt und mit sexuellen Anschuldigungen öffentlich erniedrigt worden. Anwar galt schon früher als Hoffnungsträger muslimischer Jugendlicher, die einen modern ausgerichteten politischen Islam anstreben. Sie werfen der Regierung vor, mit Günstlingswirtschaft und Korruption gegen den Koran zu verstoßen. Das wachsende Selbstbewusstsein der Islamisten verängstigt die chinesische Minderheit, die 30 Prozent der Bevölkerung stellt: Deshalb stimmten viele Chinesen jetzt für Mahathir, der trotz aller Kritik an seinem autoritären Stil als sicherste Bank erscheint. Für ihn ein ungewohntes Dilemma: Er sah sich immer als Förderer der malayischen Mehrheit gegenüber der wirtschaftlich dominierenden chinesischen Minderheit. Jetzt wurde er zum Beschützer der Chinesen, was ihm kaum behagen dürfte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen