: Fugmann-Heesing soll bleiben
■ In der SPD formiert sich der Widerstand gegen das Aus von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing. In den Mittelpunkt der Kritik gerät der Landesvorsitzende Peter Strieder
In der SPD formiert sich Widerstand gegen die Absetzung von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Der Reinickendorfer Kreisvorsitzende Reinhard Roß schätzte gestern die Chance, die Entscheidung rückgängig zu machen mit „fifty-fifty“ ein. Sein Kreisverband wolle möglicherweise Nachverhandlungen über die Ressortverteilung fordern. Roß sagte, er könne auf die Unterstützung der Kreisverbände Spandau, Neukölln und Steglitz zählen. Auch an der Ost-Basis sei das Entsetzen groß.
Unterstützung erhält Fugmann-Heesing auch vom früheren SPD-Spitzenkandidaten Walter Momper. Er bezeichnete die Abgabe des Finanzressorts an die CDU als „Rückschlag für die SPD“. Er traue der CDU nicht zu, die Haushaltskonsolidierung voranzutreiben, wie es Fugmann-Heesing bisher getan habe, erklärte Momper. Die Kampfabstimmung in der SPD zwischen dem Finanzressort und dem Megaressort Bauen /Wohnen /Verkehr/ Stadtentwicklung / Umweltschutz / Stadtentwicklung, das nun Peter Strieder leiten soll, sei hanebüchen gewesen, so Momper. Er rechnet jedoch nicht damit, dass die Proteste massiv genug werden, um die Koalitionsvereinbarung zu gefährden.
Auch Klaus Wowereit, finanzpolitischer Sprecher der SPD, äußerte sich kritisch: „Meiner Ansicht nach hat die Finanzpolitik der SPD nicht geschadet. Ich bin enttäuscht, dass die profilierteste Politikerin jetzt aus dem Senat ist“.
Der Reinickendorfer Kreisvorsitzende Roß bezeichnete es als eine „Katastrophe“, dass die SPD ihre stärkste Politikerin abserviert habe. In seinem Kreisverband, dem mitgliederstärksten der SPD, herrsche Empörung darüber, dass Strieder eine Entscheidung zu seinen Gunsten „herbeimanipuliert“ habe. Die Reinickendorfer Kreisdelegiertenversammlung empfing Fugmann-Hessing gestern Abend mit Beifall. Ihren dortigen Bericht über die Koalitionsverhandlungen nutzte sie für eine Abrechnung. Es sei nicht gelungen, alle schwierigen Fragen zu klären und zu entscheiden. Die Verhandlungen hätten gezeigt, „dass wir nicht das wirkliche Projekt für die Zukunft der Stadt“ haben. Vor ihrer Rede hatte sie erklärt, sie halte die Personalfrage für entschieden: „Ich werde weiter in der Stadt politisch aktiv sein.“ Näheres wolle sie erst am Montag bekannt geben.
Schon am frühen Morgen hatte sich eine Runde von SPD-Abgeordneten mit der Finanzsenatorin getroffen, darunter der finanzpolitische Sprecher der Fraktion, Klaus Wowereit, und Justizsenator Ehrhart Körting. Fugmann-Heesing soll sich dort menschlich enttäuscht gezeigt haben, dass sie auf eine solche Weise aus dem Senat gekippt worden sei.
Der als Supersenator vorgesehene Peter Strieder muss nun eventuell auch um sein Amt als Parteivorsitzender fürchten. Der Unmut über die Entscheidung gegen Fugmann-Heesing richtet sich vor allem gegen ihn. Parteiintern werden Bedenken laut, wie Strieder neben dem arbeitsintensiven Megaressort die Aufgabe als Parteichef wahrnehmen kann. Auch dies spreche für die Wahl eines neuen Parteichefs.
Dorothee Winden
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