Russen erobern Stadt bei Grosny

■  Berichte über hohe Verluste bei russischen Truppen. Grenze zu Inguschetien erneut geschlossen. Moskauer Außenministerium weist Nato-Kritik an Militäraktion zurück

Moskau (rtr/dpa) – Die russische Armee hat gestern mit der tschetschenischen Ortschaft Argun die dritte größere Stadt in der Kaukasus-Republik eingenommen. Die Nachrichtenagentur Interfax meldete unter Berufung auf den stellvertretenden russischen Armeechef Waleri Manilow, dabei seien bis zu 100 islamistische Rebellen getötet worden. Auf russischer Seite habe es 34 Tote gegeben. Die Stadt liegt zehn Kilometer vor der Hauptstadt Grosny, die nach russischen Angaben weitgehend eingekesselt ist. Rebellen, die es nicht geschafft hätten, aus Argun zu fliehen, sei von den russichen Truppen vernichtet worden, sagte Manilow.

Demgegenüber gab es gestern Berichte über schwere Verluste der russischen Truppen. So sollen bei einem Rebellenangriff gestern Morgen in der Nähe der tschetschenischen Stadt Urus-Martan rund 250 russische Soldaten getötet worden sein. Wie der Vizeinnenminister der Republik Inguschetien, Ali Dudarow, mitteilte, wurde die russische Einheit von den Rebellen eingekesselt und dann überrannt. Dudarow berief sich auf russische Offiziere. Von russischer Seite gab es keine Stellungnahme.

Dudarow sagte, bei dem Angriff der tschetschenischen Rebellen auf die russische Einheit seien etwa 200 Soldaten gefallen, 50 gefangen genommene Soldaten seien später umgebracht worden, indem ihnen die Kehle durchgeschnitten worden sei.

Unterdessen schlossen die russischen Behörden gestern wieder den Grenzübergang zwischen den Föderationsrepubliken Tschetschenien und Inguschetien. Begründet wurde dies mit Problemen bei der Stromversorgung, sodass die Personaldokumente der aus Tschetschenien kommenden Flüchtlinge nicht überprüft werden könnten.

Russland hat die Kritik der Verteidigungsminister der Nato am Tschetschenien-Feldzug zurückgewiesen. Die Nato wolle offenbar die Lage um Tschetschenien anheizen, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums von gestern. Die russische Führung habe die Nato-Erklärung „mit ernsthafter Besorgnis und Verwunderung“ zur Kenntnis genommen, zitierte die Nachrichtenagentur Itar-Tass aus der Erklärung. „Die Friedensliebe der Nato-Vertreter, die vor gar nicht langer Zeit die militärische Aggression gegen Jugoslawien entfacht haben, sieht zumindest zynisch aus“, hieß es weiter.