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Zwangsarbeiter erwarten zehn Milliarden plus X

■ Opfern und Anwälte appellieren an 15 weitere Firmen, Entschädigung zu zahlen

Prag/Warschau (dpa) – Mehr Engagement bei den Entschädigungsverhandlungen haben gestern Opferverbände und Anwälte ehemaliger NS-Zwangsarbeiter gefordert. Die Aufforderung geht an die deutsche Industrie. In Prag veröffentlichte US-Anwalt Michael Hausfeld eine Liste mit 15 großen deutschen Unternehmen, die während des Zweiten Weltkrieges ausländische Zwangsarbeiter beschäftigt haben sollen. Hausfeld forderte die Firmen auf, der Stiftungsinitiative der deutschen Regierung und der deutschen Industrie beizutreten. „Diese 15 Unternehmen gehören zu den größten in Deutschland“, sagte Hausfeld.

In den nächsten Wochen würden weitere Namen veröffentlicht, denn insgesamt hätten etwa 2.500 deutsche Firmen Zwangsarbeiter beschäftigt, so der Anwalt. Auf Hausfelds Liste stehen Babcock-Borsig, Beiersdorf, Continental, FAG Kugelfischer, Hochtief, Henkel, Heraeus Holding, Klöckner Werke, Merck, Miele, Preussag, Reemtsma, Ruhrgas, RWE und RWK Kalk.

Hausfeld traf am Freitag in der tschechischen Hauptstadt mit US-Anwalt Ed Fagan und dem Münchner Rechtsanwalt Michael Witti zu Gesprächen mit den Vertretern osteuropäischer Opferverbände zusammen. Dabei habe man sich auf die Einteilung Entschädigungsberechtigter geeinigt, sagte der tschechische Unterhändler Jiri Sitler. In eine „Kategorie A“ sollten „Sklavenarbeiter“ aus Konzentrations- und anderen Lagern eingeteilt werden, in „Kategorie B“ Zwangsarbeiter, sagte Sitler. Beim Verteilungsschlüssel für die Entschädigungssumme habe man sich auf 2:1 geeinigt. Witti sagte, die neue Formel bei der Summe laute „zehn Milliarden Mark plus X“.

Die Verhandlungen sollten bis zum Jahresende abgeschlossen werden. „Wenn allzu viel Zeit vergeht, wird es am Ende niemanden zum Entschädigen geben, weil jeden Tag ehemalige Häftlinge sterben“, appelliert Stefan Kozlowski vom Polnischen Opferverband.

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