: Harte Worte und Flugzeugträger
Die US-Regierung überbietet sich täglich mit neuen Drohungen und Warnungen an Iran. Ist das nur verstärkter diplomatischer Druck oder die Vorbereitung eines Militärschlages?
BERLIN taz ■ Der Strom von Drohungen der US-Regierung an die Adresse Irans reißt nicht ab: Unterstaatssekretär Nicolas Burns war der vorerst Letzte, der am Mittwoch den Iran warnte, mit der Hilfe an schiitische Milizen im Irak aufzuhören. Deren Unterstützung, unter anderem beim Bau von Sprengfallen, habe zu höheren Verlusten unter US-amerikanischen und britischen Truppen im Irak geführt, sagte Burns. Jene fünf Iraner, die am 11. Januar von US-Truppen im Irak gefangen genommen wurden, seien nicht, wie Teheran angibt, Diplomaten oder Geschäftsleute, sondern Mitglieder der so genannten Al-Quds-Kräfte der iranischen Revolutionären Garden, die aktiv den Konfessionskrieg im Irak anstacheln würden.
Auch Außenamtssprecher Sean McCormack wandte sich am Mittwoch an den Iran: Die iranische Führung solle die systematische Unterdrückung der iranischen Bürger unterlassen, sagte er. Teheran müsse diejenigen aus dem Gefängnis entlassen, „die festgenommen wurden, weil sie auf ihrem Recht der Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Religionsfreiheit und fairer Arbeitsverhältnisse bestanden haben“. Vergleichbare Aufrufe an die autoritären arabischen Regime, deren Unterstützung Washington gegen den Iran zu mobilisieren sucht, wurden nicht bekannt.
Die ständig länger werdende Liste von harter Rethorik der USA gegen die Regierung in Teheran erinnert viele Militär- und Außenpolitikexperten in den USA bereits an den Argumentationsaufbau vor der Irakinvasion 2003. Zusätzlich sind inzwischen – wie ebenfalls zuletzt 2003 – zwei US-Flugzeugträger in der Golfregion. Nicht zuletzt in seiner Rede zur Lage der Nation vergangene Woche klagte US-Präsident George W. Bush den Iran an, „Terroristen wie Hisbollah“ mit Waffen zu unterstützen und „schiitische Extremisten im Irak“ anzuleiten. Gleichwohl dementiert die Regierung kategorisch jeden Verdacht, die rhetorische und militärische Aufrüstung sei die Vorbereitung zum Militärschlag gegen den Iran.
In der Washingtoner Argumentation gegen Teheran mischen sich zwei Themen, die die Konfrontation anheizen: Irans tatsächliche oder mutmaßliche Unterstützung schiitischer Aufständischer im Irak und die Weigerung Teherans, die Urananreicherung im Rahmen seines Atomprogrammes aufzugeben.
Während auch unter Experten unstrittig ist, dass der Iran im Irak zumindest politischen Einfluss ausübt, ist das tatsächliche Ausmaß dieser Unterstützung Gegenstand hitziger Diskussionen und Spekulationen. Eine für gestern vom Weißen Haus angekündigte Vorführung von „Beweisen“ für die iranischen Machenschaften im Irak wurde ohne Angabe von Gründen verschoben – und auch das gab Anlass zu Spekulationen, ob Washington wohl Erinnerungen an Colin Powells Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat 2003 wegen irakischer Massenvernichtungswaffen vermeiden wolle.
Gary Sick vom Middle East Institute der Columbia University, erinnert daran, dass es nicht die Schiiten, sondern sunnitische Gruppen sind, die als Aufständische im Irak den US-Amerikanern am meisten zusetzen: „Sie werden in vielen Fällen militärisch und finanziell aus den Ländern unterstützt, die unsere neuen Verbündeten darstellen: die Saudis, die Jordanier, die Ägypter und andere.“
Was nicht nur die Experten, sondern auch die Friedensbewegung und viele Internet-Blogger am meisten beschäftigt, ist aber die Frage, ob sich die US-Regierung in Wirklichkeit längst zu einem Militärschlag gegen den Iran entschieden habe oder ob es sich um den Versuch handele, den diplomatischen Druck auf Teheran zu erhöhen. Manche in den USA, kommentierte kürzlich der ehemalige US-Sicherheitsberater Zbigniew Brzezinski im Zeit-Interview, sehnten sich geradezu nach einem Militärschlag gegen den Iran. Schon warnt der irakische Premierminister Nuri al-Maliki beide Seiten, ihren Konflikt nicht auf irakischem Boden auszutragen: „Wir wollen nicht, dass die amerikanischen Streitkräfte Irak für Angriffe auf Iran oder Syrien nutzen, und wir werden nicht akzeptieren, dass Iran den Irak für Angriffe auf die Amerikaner benutzt“, sagte Maliki am Mittwoch in einem CNN-Interview. Gleichzeitig strich die Regierung auf unbestimmte Zeit alle Flüge von und nach Syrien und schloss einen Grenzübergang zum Iran. BERND PICKERT
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