Staatskarossen sollen sauberer werden

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee wollen Vorbilder beim Klimaschutz sein: mit Ausgleichszahlungen für CO2-Emissionen und Erdgasautos. Aber was ist mit dem Steuerprivileg für dicke Dienstwagen?

Von BEATE WILLMS

Umwelt- und Verkehrsministerium kämpfen um die Vorreiterrolle beim Klimaschutz. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) will künftig für alle Emissionen des Treibhausgases CO2 einen Ausgleich zahlen, die Mitarbeiter seines Hauses mit ihren Dienstreisen verursachen. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) plant, den CO2-Ausstoß zu vermindern, indem er die Flotte seines Ministeriums auf Erdgasautos umstellt. Zudem schlägt er eine CO2-Kennzeichnung aller Neuwagen nach dem Vorbild der Energieverbrauchsinformationen bei Haushaltsgeräten vor. Beide SPD-Politiker nutzten die Bild am Sonntag, um ihre Pläne öffentlich zu machen.

„Mein Ministerium wird die Vorreiterrolle übernehmen“, sagte Gabriel. Man werde errechnen, wie viel Kohlendioxid durch Dienstreisen mit Auto, Flugzeug oder Hubschraubern entsteht, und entsprechend viel – Gabriel spricht von 100.000 Euro – in CO2-Minderungsprojekte in Entwicklungsländern investieren. Die Kosten müssten aus dem laufenden Etat bestritten werden, um die Mitarbeiter zu sensibilisieren. Die anderen Ministerien sollen nachziehen, hofft Gabriel. Sein Ziel: „Die Regierung arbeitet klimaneutral.“

Bislang spielen Umwelt- und Klimaschutz bei der Auswahl der Dienstwagen für die Bundesregierung keine Rolle. Nach Einschätzung des Verkehrsclubs Deutschland verbrauchen die Autos „selbst ohne Panzerung“ durchschnittlich 15 Liter auf 100 Kilometer, das entspräche einem CO2-Ausstoß von 270 Gramm pro Kilometer – mehr als doppelt so viel wie die 130 Gramm, die die EU-Kommission für 2012 als Ziel angegeben hat.

Während die Bundesregierung nun hier in die Offensive gehen will, ist ein anderes politisches Projekt schon wieder in den Hintergrund gerückt. Ende der Woche hatte die SPD-Bundestagsfraktion gefordert, die steuerlichen Privilegien für klimafeindliche Dienstwagen abzuschaffen. Als Obergrenze schlug sie einen Kraftstoffverbrauch von 5,5 Litern pro 100 Kilometer vor. Die Grünen unterstützten den Vorstoß. Unionspolitiker lehnten ihn jedoch als „ideologisch“ und steuerpolitisch chaotisch ab. Derzeit können Firmen Kosten für Anschaffung und Betrieb der Dienstwagen von der Steuer absetzen. Nur wer sie auch privat nutzt, muss das als „geldwerten Vorteil“ versteuern.

Die Abwehrhaltung der Union dürfte weniger in der steuerpolitischen Systematik begründet sein als in den möglichen Auswirkungen auf den Automarkt. Dienstwagen sind in Deutschland längst keine Chef-Sache mehr. Zwei Drittel aller mittelständischen Firmen bieten ihren Mitarbeitern an, einen Teil des Gehalts in Dienstwagen umzuwandeln. So gehört bereits jedes neunte in Deutschland angemeldete Auto einem Unternehmen. Trotz der Masse gelten Dienstwagen aber immer noch als Statussymbol – mit entsprechender Größe. Der beliebteste Dienstwagen, VW Passat, braucht 7,7 Liter auf 100 Kilometer, der Audi A4 Avant 8,3 Liter Diesel und der BMW 3er Touring sogar 9,4 Liter.