NICHT NUR HOOLIGANS RANDALIEREN IN DEN FUSSBALLSTADIEN: Hausgemachte Aggressivität
Theo Zwanziger hat es erkannt. Der Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) weiß, dass es ein Problem gibt in deutschen Stadien, ein Gewaltproblem. In den Tagen nach den Krawallen am Rande des Landespokalspiels zwischen Lok Leipzig und Erzgebirge Aue II schickte er mahnende Worte aus der DFB-Zentrale in Frankfurt am Main in die Republik. Die sorgten zunächst für einiges Erstaunen. Der oberste deutsche Fußballfunktionär sprach sich für die Absage eines ganzen Spieltages in Sachsen aus.
Zwanziger weiß, dass seine Forderung an der Fußballbasis nicht allzu gut angekommen ist. Ohne die eindeutigen Worte Zwanzigers hätte sich der sächsische Fußballverband wohl nicht zur Absage von 60 unterklassigen Begegnungen rund um Leipzig durchringen können. Der DFB-Chef sieht den Fußball in der Verantwortung. In den Vereinen, auch bei Lok Leipzig, verortet man die Krawallmacher dagegen meist woanders. „Das sind keine Fußballfans“, lautete das Mantra derjenigen Funktionäre, denen es immer wieder gelungen ist, sich aus der Verantwortung für die Geschehnisse in ihren Stadien zu stehlen. Die Hooligans, die von beinahe überall aus der Republik zum Showdown nach Leipzig angereist sind, scheinen ihnen vordergründig Recht zu geben.
Doch es waren eben nicht nur kriminelle Schläger, deren Aggressivität sich am Bruno-Plache-Stadion entladen hat. Es waren junge Lok-Fans, diejenigen, die im Stadion meist am lautesten singen, die immer wieder neue Transparente malen, es waren die sogenannten Ultras, die auf die Polizei losgegangen sind – junge Männer, die sich selbst immer wieder als die treuesten aller Fans bezeichnen. Während die harten Jungs auf die Polizei losgegangen sind, standen gut 500 andere daneben und haben sich köstlich amüsiert. Auch sie sind Anhänger. Die Klubführung von Lok Leipzig hat sich distanziert von den Krawallmachern. Gut. Aber den Satz, den Theo Zwanziger schon bei der Gewaltwelle des letzten Herbstes ausgesprochen hat, wird man so schnell nicht hören: „Wir haben ein Problem.“ ANDREAS RÜTTENAUER
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