: ORT DER ERINNERUNG I: GENDARMENMARKT
Als 1705 Hugenotten in Berlin die Friedrichstadtkirche bauten, war das durchaus nicht unumstritten. Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. hatte 5.500 französische Glaubensflüchtlinge in die Stadt geholt, die damals gerade einmal 37.000 Einwohner hatte. „Böswillig kann man da schon von einer Überfremdung sprechen“, findet die italienische Berlinerin Biagia Bongiorno, die an der Technischen Universität das Projekt „Das fremde Erbe“ koordiniert. Das Viertel rund um die Kirche war ein französisches. Der Name „Französische Straße“ zeugt heute noch davon. Doch bereits Ende des 18. Jahrhunderts wurde aus dem „Fremden“ etwas „Eigenes“. Friedrich der Große wählte ausgerechnet das Französische Viertel, um den repräsentativen Gendarmenmarkt zu errichten. Direkt neben der Friedrichstadtkirche entstand der Französische Dom, ein selbstverständlicher Teil des Prachtplatzes. Bongiorno: „Unsere Studien haben gezeigt, dass heutige französische Migranten sich nicht mehr mit diesem Erbe identifizieren. Hingegen ist der Dom normaler Teil der Berliner Geschichte.“ Dass in der Friedrichstraße mit dem Lafayette und dem Restaurant Guy wieder französische Duftmarken gesetzt sind, bringe dem Viertel nicht die französische Identität wieder. mai
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