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Blutiges Rio de Janeiro

Auch der Karneval bleibt von Verbrechen nicht verschont. Brasiliens Präsident Lula initiiert Anti-Gewalt-Programm

BUENOS AIRES taz ■ Eine Gewaltwelle in Rio de Janeiro hat auch den Karneval erfasst. Am Mittwoch wurden der Chef der bekannten Sambaschule „Salgueiro“ und seine Frau erschossen. Nur ein Racheakt, vermutet die Polizei, denn es war keine der üblichen Schießereien in einem Armenviertel. Im Hinterland der Copacabana sterben jährlich mehr Menschen eines gewaltsamen Todes als US-Soldaten im Irakkrieg.

Allein in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres wurden im Bundesstaat Rio de Janeiro nach offiziellen Angaben 5.232 Menschen getötet. Von 100.000 Einwohnern werden pro Jahr 40 umgebracht – Aufklärungsquote drei Prozent. In Rio gebe es kein Verbre- chen ohne die Polizei, wird Präsident Lula zitiert. Die Sicherheitskräfte des Bundesstaates sind längst nicht mehr Herr der Lage.

Der brasilianische Präsident Luiz Inacio Lula da Silva hatte jüngst ein 183-Millionen-Dollar-Programm gegen die Gewalt angekündigt. Doch mehr als die Toten scheint die Regierung den Imageschaden zu fürchten. Die 183 Millionen sind Teil eines Gesamtpaketes von kapp 715 Millionen Dollar, die Lula für die Panamerikanischen Spiele vom 13. bis 29. Juli in Rio ausgeben will. Damit soll zwar mehr Sicherheit in die Stadt und den Bundesstaat gebracht werden, aber die Spiele sind für Lula vor allem ein Aushängeschild für eine Bewerbung Brasiliens um die Fußballweltmeisterschaft 2014. „Wir müssen der Welt zeigen: Seht her, wir haben die Kompetenz, die Spiele durchzuführen“, so der Präsident.

Mit dem Geld soll eine ständige Bundestruppe aufgebaut werden. „Wenn wir zukünftig Spezialkräfte brauchen, werden wir damit ein gut funktionierendes Modell haben“, kommentierte Lula die Maßnahme.

Lula hatte das Programm nach einem weiteren Gewaltwochenende zwischen Polizei, paramilitärischen Milizen und Drogenbanden angekündigt, bei dem drei mutmaßliche Dealer und zwei Polizisten getötet und mindestens zehn Personen verletzt worden waren. In den Armenvierteln auf den Hügeln von Rio herrscht die Drogenmafia. Doch ihr machen zunehmend paramilitärische Milizen das Herrschaftsgebiet streitig. Wo die staatlichen Sicherheitsorgane seit Jahren versagen, wegsehen oder beteiligt sind, gehen ehemalige oder aktive Polizisten, Militärs, Feuerwehrleute und Angestellte privater Sicherheitsfirmen gegen die Drogenbosse vor. In 100 der rund 700 Favelas haben die sogenannten Militas bereits die Kontrolle übernommen.

Sofort nach seinem Amtsantritt am 1. Januar hatte Rios neuer Gouverneur Sergio Cabral Filho beim Präsidenten den Einsatz von Bundestruppen erbeten. Lula stimmte dem Einsatz der Força Nacional de Segurança Pública umgehend zu. Mitte Januar waren die ersten Einheiten der „Streitkräfte für öffentliche Sicherheit“ mit 465 Männern und 35 Frauen in Rio eingetroffen. Bis zu den Panamerikanischen Spiele im Juli sollen sie auf rund 6.000 Soldaten aufgestockt werden. JÜRGEN VOGT

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