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Zähes Ringen

Der Hauptsponsor eines Ringer-Vereins hat Journalisten Hausverbotfür „seine“ Sporthalle erteilt. „Sein“ Verein hat nun ein Problem

VON CHRISTIAN GAIER

Der Hauptsponsor des Ringer-Bundesligisten Köllerbach hat beim mit 31:7 gewonnenen Halbfinalrückkampf gegen den KSV Witten für einen Eklat gesorgt. Hans Raab, Gründer des Reinigungsmittelherstellers Hara, hatte am Samstag vor Kampfbeginn in der Hara-Halle in Quierschied Journalisten des Saarländischen Rundfunks (SR) und der Saarbrücker Zeitung Hausverbot erteilen und von Bodyguards aus seiner Halle begleiten lassen. Als Grund nannte sein Rechtsanwalt Rainer Rothe die „negativen Presseberichte“ über ihn der vergangenen Woche.

Der mittlerweile in Liechtenstein lebende „Putzmittel-Guru“, wie ihn die Online-Zeitung Saar-Echo nennt, liegt seit einigen Jahren mit den saarländischen Steuerbehörden im Clinch. Auslöser für den Rauswurf der Journalisten waren wohl Berichte über den Fund eines Wäschekorbs mit Steuerunterlagen seiner Firma an einer Autobahnauffahrt. „Ich vermute, dass ihn das so stark erregt hat, dass er gesagt hat, er muss sich rächen“, äußerte SR-Sportchef Roman Bonnaire, der mit seinem Kamerateam den Halbfinalkampf filmen wollte. „Eine solche Situation war für uns völlig neu“, bekannte Bonnaire.

Nicht nur für ihn. Die saarländische Innen- und Sportministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) sprach im SR-Interview von einem „unerhörten Vorgang“. So etwas habe es in der Geschichte des Saarlandes und wahrscheinlich der Bundesrepublik noch nicht gegeben, sagte sie. Scharf kritisiert haben den Ausschluss der Journalisten auch der Saarländische Journalistenverband und der Verband Saarländischer Sportjournalisten. Das Hausverbot verstoße gegen die Regeln der Pressefreiheit.

Das findet auch Jens Weinreich, Sportchef der Berliner Zeitung und Initiator des Sportnetzwerks. „Herrn Raab sind die in der Verfassung verbrieften Grundrechte dieses Landes nicht geläufig. Herr Raab lebt nicht im Iran oder Aserbaidschan, die auch gute Ringer haben, denen es aber an Demokratie mangelt“, sagte Weinreich. Kein Sponsor habe das Recht, Journalisten auszusperren. „Der Ringerbund sollte jetzt den Sponsor und den Verein, sofern dieser noch handlungsfähig ist, sofort abmahnen und den Verein bei Nichtgewährleistung der Pressefreiheit disqualifizieren“, fordert er. Er geht sogar noch weiter: „Journalistenvereinigungen und alle Konkurrenten der betroffenen Medien sollten geschlossen protestieren und bis zur Wiederherstellung der Pressefreiheit auf jegliche Meldungen und Berichte über Ringen und den KSV Köllerbach verzichten.“

Der Saarländische Rundfunk prüft nun rechtliche Schritte. Nach Auffassung Roman Bonnaires sei nur der KSV Köllerbach berechtigt gewesen, das Hausrecht auszuüben, und trage deshalb die Verantwortung. Der SR habe über seine Sportrechteagentur SportA einen Anspruch auf die Berichterstattung. Der Finalhinkampf gegen Titelverteidiger 1. Luckenwalder SC sollte eigentlich am 24. Februar in der Hara-Halle stattfinden. „Wenn in der Hara-Halle gerungen wird, dann zu den Bedingungen des Deutschen Ringer-Bundes. Wir müssen als Veranstalter vorsorgen, damit die Presse freien Zugang hat, unter Umständen auch mit Unterstützung der Polizei“, äußerte der Vizepräsident des Deutschen Ringer-Bundes (DRB), Karl Rothmer (Darmstadt).

Bis gestern musste der saarländische Verein dem DRB einen Veranstaltungsort präsentieren, in dem eine freie Berichterstattung möglich ist. Der KSV Köllerbach geriet so in eine Zwickmühle, denn Raab steuert nach Insiderinformationen 80.000 Euro zur Deckung des mit 250.000 Euro bezifferten Etats bei. „Dass wir zu unserem Sponsor halten, steht außer Frage, aber wir sind in Verhandlungen mit Raab, dem Fernsehen und dem DRB“, sagte der zweite KSV-Vorsitzende Alfons Speicher, der wie seine Vorstandskollegen nichts vom geplanten Rauswurf der Journalisten gewusst haben will.

Noch am Montag war der Sponsor bei seiner harten Linie geblieben. Die Journalisten von SR und Saarbrücker Zeitung „können übers Ringen berichten, wie sie wollen, aber nicht in meiner Halle“. Der SR wiederum meldete gestern, dass der Kampf nun am 24. Februar in der Hermann-Neuberger-Halle in Völklingen stattfinden soll. Angeblich wolle sich Hans Raab aus dem Sponsoring zurückziehen – eine Bestätigung war in Liechtenstein nicht zu bekommen: Herr Raab weile derzeit im Urlaub.

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