: Hallo? Halloooo?
50.000 Service-Mitarbeiter der Telekom sollen künftig mehr arbeiten und weniger Geld bekommen. Lange genug haben sie uns mit schlechtem Service gequält. Und demnächst wird er noch schlechter
VON STEFAN KUZMANY
Diese Leute verdienen kein Mitleid. Gerade hat schon wieder das Telefon geklingelt. Es war eine junge Frau dran. Nassforsch. Da gebe es jetzt ja dieses neue Sonderangebot der Telekom, sagt sie. Damit würde die Telefonrechnung künftig wesentlich niedriger ausfallen, sagt sie. Den Vertrag könnten wir ja gleich am Telefon machen, sagt sie. Vertrag am Telefon? Nein, lieber nicht. Schicken Sie mir Ihr Angebot schriftlich. Sagt sie: Wer nicht will, der hat schon. Und legt grußlos auf.
Arbeit wird abgeleistet
Unverschämtheiten wie diese haben den Ruf der Telekom in den letzten Jahren gründlich versaut. Wer schon einmal versucht hat, für seinen Wechsel zu einem anderen Anbieter einen Telekom-Techniker zu bestellen, weiß, was kalte Verachtung ist. Und langes Warten. Im Bekanntenkreis kann jeder so eine Geschichte erzählen. Bis hin zu jener von den zwei Herren, angeblich Telekom-Mitarbeitern, die einmal vor der Tür standen und die Telefonrechnung kontrollieren wollten. Und dann feststellten, dass man recht viel mit Billiganbietern telefoniere. Als man ihnen sagte, das ginge sie gar nichts an, sagt der eine: „Dann telefonieren Sie bald nicht mehr mit uns.“ Und auf die erstaunte Nachfrage, ob jetzt der Telekom-Anschluss gesperrt werde, sagte der Mann: „Das sieht dann wohl so aus.“
Nach solchen Erfahrungen hält sich das Mitleid mit jenen 50.000 Telekom-Service-Mitarbeitern also in engen Grenzen, die, so will es Telekom-Chef Obermann, in die neue Unter-Firma „T-Service“ ausgegliedert werden sollen, um dort mehr zu arbeiten und weniger Geld zu verdienen. Die Mitarbeiter sind empört. „Wir leisten ’ne gute Arbeit ab“, sagt einer in die Kamera der ARD-„Tagesschau“, und man mag sich nicht so recht mit ihm solidarisieren, weil es einen Unterschied gibt zwischen „leisten“ und „ableisten“.
Marktüblich prekär
Dabei ist es verwunderlich, dass die Telekom immer noch Mitarbeiter übrig hat, die sie outsourcen kann. Denn für seine Kundenkontakte beauftragt das Unternehmen schon lange externe Unternehmen, Callcenter und Direktvermarkter.
Die beiden Herren an der Tür beispielsweise, die mal eben den Anschluss sperren wollten, waren eigentlich Angestellte einer Firma namens Option One GmbH, die wiederum mit dem Direktvermarktungsriesen Ranger Marketing verbandelt ist. Im Internet kann man viel über die Methoden von Ranger lesen – und sich danach die Frage stellen, ob die Mitarbeiter dort wohl schlechter bezahlt werden als ausgebildet oder ob es doch umgekehrt ist. Schlechte Bezahlung, geringe Qualifikation und entsprechend frustriertes (und frustrierendes) Auftreten – das ist die Realität in der Callcenter-Branche, die Methoden sind „branchentypisch“, wie ein Telekomsprecher dem empörten Kunden erklärt.
„Marktüblich“ will jetzt auch Telekom-Chef Obermann seine Service-Angestellten bezahlen, bezogen auf die Callcenter-Branche bedeutet das nichts anderes als „prekär“. Und auch wenn wir uns schon hundertmal über schlechten Telekom-Service geärgert haben – die Wut auf den Angestellten im Callcenter trifft den Falschen. Nicht nur werden diese Leute schlecht bezahlt, sie werden dazu noch jeden Tag von wütenden Kunden beschimpft, bis hin zum „akustischen Schock“, ausgelöst durch Gebrüll und die perfide eingesetzte Trillerpfeife.
Der Service wird … anders
Obermann frustriert 50.000 Angestellte, die bald wohl noch wesentlich unmotivierter ihre Arbeit „ableisten“ werden, als sie das bisher schon tun. Und als ob ihm der offenkundige Widersinn nicht bewusst wäre, verspricht der Telekom-Chef in derselben Pressekonferenz, dass sich der Service seines Unternehmens in Zukunft wesentlich verbessern werde. Wohl dem, der niemals eine einzige Aktie dieses offenbar auch geistig maroden Unternehmens gekauft hat.
Das Gegenteil wird kommen: noch mieserer Service von noch schlechter ausgebildeten Mitarbeitern. Und, wir ahnen es, noch unverschämtere Anrufe. Schon wieder klingelt das Telefon.
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