: Der Höllenhund hat drei Köpfe – in Mythologie und Realität
Cerberus ist an 50 Unternehmen mit einer Summe von 23,5 Milliarden Dollar beteiligt. Ziel sei ein langfristiges Engagement, keine Spekulation
BERLIN taz ■ Besser ein paar kubanische Kunden weniger, als den Verkauf an einen US-Fonds zu gefährden. Das dachte sich d as Management der österreichischen Bank Bawag PSK – und kündigte die Konten von hundert Kubanern. Genau so, wie es das amerikanische Helms-Burton-Gesetz fordert. Das Konsortium um den US-Investor Cerberus zahlt für die Bank, die durch Spekulationsverluste schwer angeschlagen ist, schließlich immerhin 3,2 Milliarden Euro.
Mit der Kubakrise, die daraufhin folgte, schien niemand gerechnet zu haben: Proteste in Österreich, den USA und Lateinamerika. Die EU-Kommission kündigte ein Verfahren gegen die Bawag an: Die Kündigung der Konten widerspreche dem EU-Recht. Dennoch wird die endgültige Eigentumsübertragung heute oder morgen stattfinden.
Das Auftreten des „Höllenhundes“ hatte nur für kurze Zeit die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Dem Bild des dreiköpfigen Monsters, das der griechischen Mythologie entlehnt ist, will Cerberus so auch nicht entsprechen. Der Fonds sei schlicht nach seinem Gründungstrio – darunter Firmenchef und einstiger Wall-Street-Händler Stephen Feinberg – benannt. Seit 2006 ist der frühere US-Finanzminister John Snow Vorsitzender des Finanzfonds, zum Vorstand gehört außerdem der ehemalige US-Vizepräsident Dan Quayle.
In einer von der Fachzeitschrift Private Equity International erstellten Rangliste findet sich Cerberus auf Platz 34 von 50 Beteiligungsgesellschaften wieder. Bewertet wurde nach der Summe, die für den Eigenkapitalanteil ihrer Investitionen in den vergangenen fünf Jahren aufgebracht wurde. Cerberus brachte es demnach auf 6,1 Milliarden US-Dollar. Zurzeit verwaltet der Fonds rund 23,5 Milliarden US-Dollar an Vermögenswerten, die Cerberus Camital Management LP mit Sitz in New York hat Investments in mehr als 50 Unternehmen, die weltweit insgesamt 60 Milliarden Dollar umsetzen.
Zum Cerberus-Portfolio gehören unter anderem die Berliner Wohnungsbaugesellschaft GSW, die Flugzeugleasingfirma Debis Air Finance und die Plasma-Sparte des Pharmakonzerns Bayer. In etlichen Veranstaltungen versucht der Vorstand, das Image der Heuschrecke, die ohne Rücksicht auf Verluste auffrisst, was ihr in den Weg kommt, zu relativieren.
Bei der Bawag wolle der Höllenhund „das Geld bewachen“, hatte Snow im Dezember in Wien erklärt. „Es wurde und wird stets betont, dass es ein langfristiges Interesse gebe und man nicht auf Spekulationen aus sei“, sagt Bawag-Sprecher Thomas Heimhofer. Die 1992 gegründete Gesellschaft ist jedenfalls dafür bekannt, angeschlagene Firmen ganz oder teilweise zu übernehmen und sie durch harte Sanierungsmaßnahmen wieder auf Vordermann zu bringen – das soll sie auch bei Chrysler tun.
Cerberus hat sich dafür Wolfgang Bernhard als Berater eingekauft. Der 46-Jährige kennt sich schließlich aus bei Chrysler: Er hatte zur Jahrtausendwende dem Autobauer ein milliardenschweres Sanierungsprogramm verordnet. Kurz bevor er im Frühjahr 2004 Chef der Mercedes-Gruppe hätte werden sollen, sprach sich der Aufsichtsrat dagegen aus. Bernhard wechselte als Sanierer zu Volkswagen – und verließ den Konzern im Zuge der Entmachtung von Konzernchef Bernd Pischetsrieder im Januar dieses Jahres wieder. Nun soll der einstige DaimlerChrysler-Manager nach dem Willen von Cerberus Berater des Unternehmens bleiben. Stellen würden aber keine gestrichen, erklärte Chrysler-Chef Tom LaSorda gestern. Und auch das Bild vom gefräßigen Höllenhund sollte erst gar nicht aufkommen: Bei der Übernahme gehe es um ein „langfristiges“ Engament.
CHRISTINE ZEINER
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