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Bleiben sie Finke?

Nach dem hauchdünn verpassten Aufstieg des SC Freiburg fragt sich auch die Anhängerschaft, wie es um das Erbe des Dauertrainers bestellt ist, der 16 Jahre lang die sportlichen Geschicke leitete

„Ich gebe keine Rücktritte von Rücktritten bekannt“

AUS FREIBURG PETER UNFRIED

Warum die Leute Emotionen in den Fußball investieren, ist letztlich ihre Sache. Falls aber jemand nicht gewusst haben sollte, wie gewaltig die Gefühle sein können, und er war gestern in Freiburg, dann weiß er es spätestens seit Volker Finke sich nach Spielende im Badenova-Stadion verabschiedete. Und die Anhänger sich von ihm verabschiedeten. Das 2:0 (1:0) des SC Freiburg gegen TuS Koblenz trägt die maximale Pointe nicht in sich – einen vierten Aufstieg in die Bundesliga. Platz 4 bedeutet aber, dass Finke in 16 Jahren mit dem SC Freiburg immer in den Top 22 des deutschen Fußballs war. Das letzte Spiel der Saison 06/07 soll auch das letzte Spiel von Finke als Trainer des SC gewesen sein. So hat es der vierköpfige Vorstand einstimmig beschlossen.

Wie es derzeit aussieht, bleibt es dabei auch – trotz des erbitterten Widerstands eines Teils der Anhängerschaft. Um ihren Standpunkt klarzumachen, hatten die Finkianer ihren Slogan („Wir sind Finke“) leicht modifiziert. Seit gestern heißt es: „Wir bleiben Finke“. Der Vorstand fasste die 16 Jahre, davon 10 Jahre Bundesliga, gestern in die Formel: „Der SC Freiburg ist mit Volker Finke weit über sich hinausgewachsen“. So muss man das sehen. Das Spiel selbst war ein Ereignis mit durchwachsenen fußballerischen, aber außergewöhnlich emotionalen Höhepunkten. Es konnte nicht anders sein nach den Entwicklungen der letzten Monate. Es gab die „Volker Finke“-Chöre, die „Danke, Volker“-Schilder, ein Plakat mit den Köpfen von Finke und des gleichfalls entlassenen Co-Trainers Achim Sarstedt tröstete mit der Weisheit eines rosaroten Philosophen: „Heute ist nicht alle Tage.“

„Der SC ist mit Finke weit über sich hinausgewachsen“

Der Fußball des SC Freiburg kam erwartungsgemäß fragil daher. Für Gegner TuS Koblenz ging es um nichts mehr, der neue Trainer Uwe Rapolder hatte den Aufsteiger mit drei Siegen in Folge bereits gerettet. Experten sahen zunächst ein typisches SC-Heimspiel der letzten Wochen. Zerfahren, Freiburg war sichtbar in Gefahr, ein Tor der Koblenzer zu fangen. Dann setzte sich der mutige Kombinationsfußball mit Atemstockfaktor langsam durch, gelenkt von einem sehr starken Alexander Iashvili. Das 1:0 sollte der harte Rückpass von der Grundlinie bringen, und er brachte es (34.). Ibertsbergers Cross platzierte Riether an den Pfosten, der Koblenzer Wiblishauser lenkte den zurückprallenden Ball ins eigene Tor. Zu diesem Zeitpunkt war der SC temporär und erstmals in der gesamten Saison auf einem Aufstiegsplatz. Es war ja eine Saison, die stockend begonnen hatte. Erst nach Finkes Entlassung im Dezember entfaltete das Team das versprochene Potenzial.

Nach dem Wechsel spielte Freiburg auf jenes 3:0, das nötig war, falls Rostock nicht gewann. Matmours 2:0 (59.), von Iashvili und Pitroipa vorbereitet, fiel früh genug. Wie schwach Iashvili dann aber einen Foulelfmeter (67.) samt Nachschuss vergab, war dem Ereignis nicht angemessen. Aber selbst danach war – angesichts einer Rostocker 2:1-Führung – alles noch angerichtet für ein Last-Minute-Erlebnis. Der SC versuchte sein Kurzpassspiel durchzuziehen und war mehrfach im Strafraum nahe dran am dritten Tor. Finke feierte gestern Abend jenseits des SC mit ausgesuchten Gästen und Wegbegleitern wie Jens Todt und anderen. In den nächsten Tagen werden die Spieler, die gehen, ihren Wechsel bekannt geben. Über die Zukunft des SC-Managers Andreas Bornemann wird gerätselt. Er sollte der Garant für die Weitergabe von Finkes Erbe an die Erben sein. Bleiben sie Finke? Die Antwort ist offen.

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