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Südamerika will unabhängig werden

Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat es geschafft. Mit fünf weiteren Regierungen gründet er eine „Bank des Südens“ – als Alternative zu IWF und Weltbank. Die Konturen des „eigenen Entwicklungsmodells“, das sie verfolgen, bleiben jedoch unklar

AUS PORTO ALEGRE GERHARD DILGER

„Die Bank des Südens ist eine Realität“, verkündete Nicanor Duarte vorgestern in Asunción nach einem Ministertreffen. Damit bestätigte Paraguays konservativer Präsident, worauf sich die Wirtschafts- und Finanzminister Argentiniens, Boliviens, Brasiliens, Ecuadors, Paraguays und Venezuelas bereits vor zwei Wochen in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito geeinigt hatten: Zusammen mit Paraguay treiben fünf rosarote Regierungen Südamerikas die Gründung einer Entwicklungsbank voran, Ende Juni soll das Gründungsdokument unterzeichnet werden.

Optimisten sehen nun eine Konkurrenz zu Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) entstehen. Für den venezolanischen Außenminister Nicolás Maduro ist die Bank des Südens „eine starke Alternative“, die auch den Staaten Asiens und Afrikas offenstehen werde.

Jahrelang hatte Hugo Chávez für die Idee geworben. Als wichtigsten Verbündeten gewann er Ecuadors neuen Staatschef Rafael Correa hinzu. „Wir wollen nichts mehr von dieser internationalen Bürokratie hören und uns von niemandem mehr erpressen lassen“, sagte der linke Ökonom im April, bevor er den Weltbank-Vertreter in Ecuador zur „unerwünschten Person“ erklären ließ.

Entscheidend für den Durchbruch war das behutsame Abrücken Brasiliens vom neoliberalen Credo der Neunzigerjahre. Besonders vehement hatten damals Venezuela und Argentinien die Vorgaben von IWF und Weltbank umgesetzt, Millionen stürzten ins Elend. Entsprechend heftig fiel gerade dort die Gegenwehr aus, die Volksaufstände 1989 in Caracas und 2001 in Buenos Aires ebneten letztlich Chávez und Néstor Kirchner den Weg. In Brasilien blieb es vergleichweise ruhig, und im August 2002 beruhigte der IWF mit einem 30-Milliarden-Dollar-Kredit die Finanzmärkte. Schon vorher hatte sich der bald darauf zum Präsidenten gewählte Lula da Silva zu einer konservativen Finanzpolitik verpflichtet. Linke KritikerInnen besänftigte er mit einer engagierten Süd-Süd-Außenpolitik, zu der man auch die Beteiligung an der Bank des Südens rechnen kann.

Über die Details nämlich herrscht bislang Unklarheit. Uruguays nominell linke Regierung konnte sich nicht dazu durchringen mitzumachen, ebenso wenig wie Chiles Präsidentin Michelle Bachelet.

Zunächst wolle man sich auf die Finanzierung von Entwicklungsprojekten konzentrieren, sagte der brasilianische Finanzminister Guido Mantega. Als mittelfristiges Ziel nannte er eine südamerikanische Währungsunion. Ab Oktober probieren Brasilien und Argentinien aus, ob sich bilaterale Geschäfte ohne den Umweg über den US-Dollar tätigen lassen. Der argentinische Mercosur-Kommissar Carlos Álvarez sieht die Bank als Instrument für ein „eigenes Entwicklungsmodell“, das sich um die „Energie-Integration“ und die „Modernisierung der Infrastruktur“ drehen müsse. Damit allerdings kann auch das Großkapital des Südens gut leben.

meinung und diskussion SEITE 11

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