piwik no script img

Odyssee 2008 im Stadtraum

Einige Programmkinos kritisieren die Pläne für den Umzug des Kommunalkinos: Ballung der Leinwände in der Innenstadt führe zu Leinwandsterben. Kulturressort spricht von „idealer Option“

von JAN ZIER

Der anvisierte Umzug des Kommunalkinos in das alte Polizeihaus am Wall stößt bei einigen anderen Programmkinobetreibern auf Skepsis. „Ich beglückwünsche das nicht“, sagt Thomas Settje, Betreiber des Cinema im Ostertor. Heinz Rigbers vom City-Filmtheater rechnet sogar damit, sein Haus endgültig schließen zu müssen, wenn sich das bislang in Walle ansässige Kino 46 ebenfalls in der Innenstadt ansiedelt. Manfred Brocki von den Bremer Filmkunsttheatern hingegen ist die neue Konkurrenz in der Innenstadt „relativ egal“.

Wenn nur fünf Prozent der bisherigen City-KinogängerInnen ausblieben, sagt Rigbers, „dann kann ich zumachen“. Er geht davon aus, dass sein Haus und das Kino 46 „fast die gleichen Besucherzielgruppen“ ansprechen. Die BesucherInnen eines Kommunalkinos im Zentrum würden zu einem guten Teil den anderen Häusern dort abgezogen, vermutet er. Für sein Kino ist die wirtschaftliche Lage schon länger schlecht: Bereits 2005 sprach er von existenzbedrohenden, „ganz extremen Besucherrückgangen“.

Auch Settje selbst sieht Überschneidungen im Zielpublikum. Er nennt die Pläne des Kulturressorts für das Cinema im Ostertor deshalb ein „zweischneidigen Schwert“. Es sei „sehr schwer abzuschätzen“, welche Folgen der geplante Umzug für ihn habe. Wann dieser letztendlich erfolgt, ist indes noch unklar. „Das kann auch noch zwei Jahre dauern“, sagte Alfred Tews vom Kino 46. Die Bedenken der privaten Lichtspielhaus-Betreiber hält er für nachvollziehbar.

Schneller ließe sich ein Umzug in den Altbau der Kunsthalle realisieren, die über einen kinokompatiblen Vortragssaal verfügt. Doch sie wird demnächst umgebaut und also geschlossen. Deshalb wird momentan geprüft, wie und wo genau im alten Polizeihaus ein Kino einziehen könnte.

Der Standort an der Stadtbibliothek sei jedenfalls ein „Sahnestückchen“, sagt Settje. Auf Kritik stößt vor allem die Ballung von Programmkinos im viertelnahen Innenstadtbereich – während beispielsweise die gesamte Neustadt leinwandfrei ist. Zwar wäre auch eine Ansiedlung des Kino 46 in der Schwankhalle denkbar – doch für das Kulturressort ist der Standort am Buntentorsteinweg nur eine nachrangige Option. Die Synergieeffekte seien dort geringer als im Falle einer Kooperation mit der Stadtbibliothek. Ohnedies, so Settje, könne man sich fragen, wieso das Kino 46 ausgerechnet jetzt aus Walle weggehe – wo der Stadtteil sich gerade zur „aufstrebenden Region“ entwickele.

Insgesamt gibt es in Bremen laut Filmförderwerk acht Leinwände mit Programmkino, in etwa so viel wie im Saarland, Thüringen oder Mecklenburg-Vorpommern. Bremen hat damit neben den anderen Stadtstaaten die höchste Programmkinodichte. 2006 noch verzeichneten sie bundesweit ein Umsatzplus von 23 Prozent.

Rigbers indes hält sich „gerade so über Wasser“ – und hat sein Haus dem Kommunalkino bereits angeboten. Doch in dessen Planungen hatte der Standort des City in der Bahnhofsvorstadt „nur zweite Priorität“, sagt Tews.

Auch Settje kann nach eigenen Angaben nur „gerade so“ von seinem Kino leben. Sein Vater hat das Kommunalkino einst mitgegründet – und im Viertel beherbergt, ehe es ins Medienzentrum nach Walle zog. Nun, sagt Settje junior, komme das staatlich subventionierte Kommunalkino zurück – „das ist eine schwierige Situation“. Nein, das sei kein Vorwurf an das Kommunalkino – und Tews würde ihn auch „eher von sich weisen“. Auch Rigbers Klage wendet sich an die Kulturbehörde, die mit ihren Plänen den CineastInnen „einen Bärendienst“ erweise.

Das Ressort nennt die Ansiedlung des Kino 46 in der Stadtbibliothek eine „ideale Option“. Die Befürchtungen einiger Kinobetreiber könne man nicht teilen, so Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz (SPD). Im Übrigen seien die Profile der einzelnen Häuser „deutlich“ voneinander abgegrenzt. Alles andere entzöge dem Staat auch die Grundlage der Subventionierung des Kommunalkinos.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen