: Tote durch religiöse Gewalt
ÄGYPTEN Schwere Auseinandersetzungen zwischen Kopten und Muslimen fordern 11 Todesopfer und 110 Verletzte. In Kairo gingen Bewaffnete auf Demonstranten los
KAIRO/BERLIN afp/dpa/taz | Bei Zusammenstößen zwischen Muslimen und Christen in Kairo sind am Dienstagabend laut Behördenangaben mindestens 11 Menschen getötet worden. Nach Angaben des ägyptischen Gesundheitsministeriums wurden 110 Menschen verletzt.
Unter den Toten waren nach Auskunft eines Priesters 6 koptische Christen. Mindestens 45 weitere Kopten seien verletzt worden, sagte der Geistliche Samaan Ibrahim aus dem Stadtteil Mokattam, dem Schauplatz der Auseinandersetzungen. Alle Opfer seien durch Kugeln getötet worden, auch die Verletzten hätten Schusswunden erlitten.
Mindestens tausend Christen hatten sich am Dienstag in Kairo versammelt, um gegen einen Brandanschlag auf eine Kirche im Süden der Metropole am Samstag zu protestieren. Sie seien von Bewaffneten attackiert worden, die Häuser und Warenlager in Brand gesetzt hätten, sagte Priester Ibrahim. Nach Angaben der Sicherheitskräfte bewarfen sich beide Seiten mit Steinen, Augenzeugen zufolge schossen Soldaten in die Luft, um die Menge aufzulösen.
Nach Angaben eines Sicherheitsvertreters gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Mena wurde die Auseinandersetzung durch einen privaten Streit ausgelöst. Demnach hatte in dem Dorf Sol ein christlicher Mann eine Liebesbeziehung mit einer muslimischen Frau, die von den Familien beider Seiten abgelehnt wurde. Als am Freitag der Streit zwischen den Familien eskalierte, seien die Väter des Paars getötet worden. Nach der Beisetzung des Vaters der Frau am Samstag habe eine Gruppe von Muslimen die Kirche des Dorfs in der Provinz Helwan angezündet. Wie Mena weiter berichtete, gelang es der Armee, das Feuer rasch zu löschen.
Liebesbeziehungen zwischen Christen und Muslimen sind in Ägypten ein Tabu, und eine Hochzeit ist nur dann möglich, wenn sich der christliche Teil des Paars zum Islam bekehrt.
Zudem haben hunderte bewaffnete Männer am Mittwoch Demonstranten auf dem Tahrir-Platz in Kairo mit Messern und Macheten angegriffen. Es soll sich um Anhänger des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak gehandelt haben. Die Demonstranten wehrten sich mit Steinen und Stöcken. Der Tahrir-Platz hatte während des Volksaufstands im Februar das Epizentrum der Proteste dargestellt. Noch immer harren dort Aktivisten der Demokratiebewegung aus. Während der Ausschreitungen berieten Übergangsregierung und Militärrat über ein Gesetz, mit dem Anstiftung zum Hass mit dem Tod bestrafen soll.