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Archiv-Artikel

Karneval in Wilhelmsburg

Politik mit Spaß: Bei einem sonntäglichen Umzug mit Verkleidung machen die Insulaner klar, dass sie mitzureden gedenken, wenn die Zukunft ihres Stadtteils geplant wird

Die WilhelmsburgerInnen sind nicht gewillt, den Sprung über die Elbe einfach so über sich kommen zu lassen. Mit einem Karnevalsumzug wollen sie am Sonntagnachmittag demonstrieren: „Wir sind schon da.“ Vorbild ist eine ähnliche Aktion vor zehn Jahren. Damals war die Elbinsel ganz unten. Jetzt steht sie im Mittelpunkt der stadtentwicklerischen Bemühungen des Senats. Dessen Politik sei leider „höchst widersprüchlich“, bedauert der Verein Zukunft Elbinsel, der zu dem Umzug aufgerufen hat.

„Nie zuvor hatten Wilhelmsburg und die Veddel so große Aufmerksamkeit bei Planern und Investoren“, schreibt der Verein in einer Stellungnahme: Einerseits wolle der Senat den Stadtteil mit einer Internationalen Bauausstellung (IBA), einer Gartenschau (IGS) und einer Bildungsoffensive voranbringen. Andererseits treibe er „unbeirrt seine Großprojekte voran, die die Elbinsel als Wohnort immer mehr in die Zange nehmen und ihre einzigartigen Qualitäten zu zerstören drohen“.

Dem Bürgermeister Ole von Beust (CDU) nimmt der Verein übel, dass er sich den WilhelmsburgerInnen nicht gestellt habe. Dabei sei er bereits vor einem Jahr auf einer großen Einwohnerversammlung eingeladen worden. Der Versuch, von Beust zur Zukunft des Stadtteils Rede und Antwort stehen zu lassen, müsse als gescheitert angesehen werden. „Den Wilhelmsburgern bleibt offenbar wieder mal nur die Straße“, stellen die Demo-Organisatoren fest.

Am Umzug werden rund 30 Gruppen teilnehmen. Wie im Rheinland nehmen sie in lebenden Bildern politische Probleme aufs Korn. Davon hat Wilhelmsburg reichlich: die geplante Hafenquerspange, den Zollzaun, der es vom Spreehafen trennt, drohende neue Gewerbegebiete im Grünen, bedrohte Kleingärten und eine Versetzung des Stadtteils zum Bezirk Mitte, bei der die Einwohner nicht gefragt wurden. Gernot Knödler

Der Umzug wird ab 12 Uhr in der Mengestraße aufgestellt, trabt dann durch das Reiherstiegviertel und endet gegen 15 Uhr mit „heißer Musik und heißem Tee“ auf dem Stübenplatz.