Polizei blockiert den Verkehr

Wegen einer Antifa-Demo und des Gegenzugs der Neonazis legte die BVG am Sonnabend zeitweise den öffentlichen Nahverkehr um Lichtenberg lahm. Polizei spricht von „verhältnismäßigem“ Einsatz

von KONRAD LITSCHKO

Die Demonstration zum Gedenken an den 1992 von Neonazis ermordeten Punk Silvio Meier legte am Sonnabend weite Teile des öffentlichen Nahverkehrs im Berliner Osten lahm. Allein an sieben Stationen der U5, im Abschnitt zwischen Weberwiese und Biesdorf-Süd, machte die U-Bahn zwischen 11 Uhr und 14 Uhr keinen Halt. Die Bahnhöfe Friedrichsfelde und Tierpark blieben gar bis 15 Uhr gesperrt. Auch Busse, Straßenbahnen und der Autoverkehr auf der Frankfurter Allee waren beeinträchtigt. „Das waren massive Einschränkungen“, sagt Detlef Redmann von der Leitstelle der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). „Ich kann mich nicht entsinnen, dass wir das in dem Umfang schon mal hatten.“

Die Polizei war mit einem Großaufgebot von 1.200 Beamten im Einsatz – mit mehr, als es Protestierende gab. Laut Polizei versammelten sich rund 800 Demonstranten der Berliner Antifa-Szene zu ihrem jährlichen Gedenkzug nach Lichtenberg am U-Bahnhof Samariterstraße. Hier war vor 14 Jahren der damals 27-jährige Hausbesetzer Silvio Meier in einen Streit mit Rechtsextremisten geraten und dabei mit einem Messer tödlich verletzt worden. 69 meist jugendliche Rechtsextreme trafen sich am Sonnabend fast zeitgleich am Bahnhof Lichtenberg zu ihrer kurzfristig geplanten Gegendemo.

Die Schließung der U-Bahnhöfe sei auf Anweisung der Polizei erfolgt, heißt es bei den Verkehrsbetrieben. Die BVG habe in mehreren Gesprächen versucht, Alternativen zu finden. „Ich gehe nicht davon aus, dass das jetzt bei Demonstrationen die Regel wird. Zumindest hoffe ich es nicht“, so Redmann. Die Polizei wiegelt ab: „Solche Maßnahmen werden immer im Einzelfall und mit der jeweiligen Sicherheitseinschätzung geprüft“, sagte Pressesprecher Carsten Müller. Am Sonnabend seien die Routen der Demonstrationen halt eng an den Stationen der U5 verlaufen. „Da hätten Störer von den Bahnhöfen gut und schnell zur jeweiligen Wegstrecke gelangen können“, so Müller. Die Sperrungen seien „verhältnismäßig“ gewesen. Es sei gelungen, die Demonstrationsgruppen ohne nennenswerte Zwischenfälle auseinander zu halten.

Dagegen kritisierte die Antifaschistische Linke massive Behinderungen sowie Schlagstockeinsätze durch Bereitschaftspolizisten. Knapp 40 linke Gegenprotestler wurden von der Polizei vom Bahnhof durch Platzverweise ferngehalten. Erst nach Intervention von Anwälten der Veranstalter habe die Abschlusskundgebung stattfinden können, so die Linke. Sechs Rechtsextreme wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen, insgesamt gab es laut Polizei bei beiden Veranstaltungen drei Festnahmen.

Unter den Demonstranten waren auch der neue grüne Bürgermeister von Kreuzberg-Friedrichshain, Franz Schulz, und sein Parteikollege Christian Ströbele. Die Demo habe heute Symbolwert, so der Bundestagsabgeordnete Ströbele. „Man kann die Antifa sehen, wie man will. Aber ihr ist es zu verdanken, dass sich die Nazis in der Stadt nicht so frei bewegen können.“