: Polizei riegelt Armenviertel ab
LIBERIA Der Ebola-Ausbruch in Westafrika schwört dramatische Zustände herauf. Die Maßnahmen der Regierung sorgen in der Bevölkerung für Wut und nicht für Beruhigung
VON KATRIN GÄNSLER
ABUJA taz | Die Soldaten und Polizisten sollen mit Tränengas gekommen sein und sogar geschossen haben. Dabei wurden mitten in Monrovia mindestens vier Menschen verletzt, berichten mehrere Zeitungen aus dem Land. Zu den Opfern gehörten jene Protestler, die sich die drastischen Maßnahmen zur Eindämmung des Ebola-Virus nicht gefallen lassen.
Fast ohne Vorwarnung wurden am Mittwoch rund um Monrovias Armenviertel West Point Soldaten und Polizisten platziert, die den Slum abriegeln sollten. Niemand durfte mehr raus, ist er laut Regierung doch eines der Viertel, in dem sich die Seuche ganz besonders rasant ausbreitet. Um das einzudämmen und weitere Neuinfektionen zu vermeiden, ist ein ganzes Viertel unter Quarantäne gestellt worden. Liberia ist mittlerweile das am stärksten betroffene Land. Nach jüngsten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 18. August sind dort 576 Menschen an dem Virus gestorben. Insgesamt liegt die Opferzahl in allen vier betroffenen afrikanischen Ländern bei 1.350.
Die Bewohner von West Point protestieren weiter gegen diese Entscheidung. Die Tageszeitung The News berichtet von Bewohnern, die überlegen, wie sie jetzt überhaupt noch an Lebensmittel und Trinkwasser kommen, wenn das Viertel komplett abgeriegelt wird. Viele Läden, die dort tägliche Gebrauchsgüter im Angebot haben, sind längst geschlossen. Ohnehin sind die Preise für Grundnahrungsmittel wie Reis rasant gestiegen. Verschärfend kommt hinzu, dass das öffentliche Leben weitgehend stillsteht und damit für viele Menschen in der Hauptstadt, die keine geregelten Jobs haben, auch die die Möglichkeit fehlt, überhaupt noch Geld zu verdienen.
Nun kommt für die Einwohner das massive Aufgebot der Sicherheitskräfte hinzu, was die Wut weiter wachsen lässt. Den Vorwurf, dass die Polizei direkt auf Demonstranten geschossen hätte, lässt Verteidigungsminister Brownie Samukai allerdings nicht gelten. Er beschuldigte kurz nach den Vorfällen hingegen randalierende Jugendliche.
Die Angst, dass sich der Ebola-Virus besonders stark in West Point ausbreitet, kommt allerdings nicht von ungefähr. In der Nacht zum Sonntag hatten Angreifer ausgerechnet dort eine Isolierstation überfallen. 17 Ebola-Patienten waren daraufhin verschwunden und meldeten sich erst drei Tage später wieder. Mit der Quarantäne für West Point reagiert Präsidenten Ellen Johnson-Sirleaf nun darauf. In ihrer jüngsten Ansprache forderte sie nun noch einmal die Bewohner auf, gemeinsam zur Bekämpfung des Virus beizutragen. Besonders erfolgreich scheint das aber bisher nicht zu sein. Alleine am 17. und 18. August hat es 126 neue Ebola-Fälle gegeben, so viele wie in keinem anderen Land.