: „Was zu viel ist, ist zu viel“
„Flatrate“-Trinkangebote in Kneipen sollten verboten werden, fordert die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche. Angetrunkene Jugendliche dürften keinen weiteren Alkohol bekommen. Erwachsene sollten gutes Vorbild abgeben
HEIDI KOSCHE, 57, ist in der Abgeordnetenhausfraktion der Grünen Sprecherin für Gesundheitspolitik. Sie hat eine 31-jährige Tochter.
taz: Frau Kosche, ein Jugendlicher fällt nach einem Alkoholexzess ins Koma – und schon rufen alle nach Verboten. Auch die Grünen.
Heidi Kosche: Da bin ich nicht ganz korrekt wiedergegeben worden. Ich bin der Meinung, das vorhandene Jugendschutzgesetz muss stringenter angewendet werden. Jugendliche, die bereits alkoholisiert sind, dürfen keinen weiteren Alkohol ausgeschenkt bekommen. Was das so genannte Flatrate-Trinken in Kneipen angeht, sollte man aber sehr wohl über ein Verbot nachdenken. „Flatrate“ sagt: trinken, bis man umfällt. Das zielt auf eine Gruppe, die sparen muss – und das sind besonders Jugendliche.
Wie kommen Sie jetzt gerade auf Flatrate? Der Jugendliche liegt seit zwei Wochen im Koma. Bis heute ist noch nicht geklärt, unter welchen Umständen er so viel Alkohol getrunken hat. Es kann genauso gut in einer privaten Runde gewesen sein.
Das ist öffentlich so behauptet worden. Er selbst soll ja auch gesagt haben, dass er 40 harte Getränke getrunken hat. Was ich ganz schlimm finde, ist, dass er weitere Getränke bekommen hat. Der schreckliche Fall führt vor Augen, dass wir beim Alkoholkonsum eine breitere Diskussion brauchen. Genauso, wie es beim Schutz der Nichtraucher inzwischen der Fall ist.
Verbote erhöhen den Anreiz doch erst richtig.
Prinzipiell halte ich auch nichts von Verboten. Wir sollten noch mehr auf Aufklärung und Prävention setzen. Erwachsene sollten ein gutes Vorbild abgeben, indem sie mit all diesen Dingen maßvoll umgehen. Ein oder zwei Gläser Wein oder ein Schnaps nach dem Essen können ja auch was Schönes sein.
Die Diskussion wirkt ein bisschen aufgeblasen. Das sogenannte Kampftrinken ist kein neues Phänomen. Nach Angaben von Gesundheitssenatorin Knake-Werner ist der Alkoholkonsum bei Jugendlichen eher rückläufig.
Ich habe von solchen Exzessen bisher nur aus Mallorca gehört. Die neue Qualität ist für mich, dass Gaststätten und Trinkhallen in Berlin so etwas anbieten. Ich habe in meiner Jugend auch mal einen Schnaps zu viel getrunken, das ist nicht der Punkt. Aber was zu viel ist, ist zu viel.
Aus Kreuzberg, wo Sie für die Grünen Direktkandidatin waren, kennen Sie keine Trinkorgien?
Die Kreuzberger Nächte sind lang, aber die Zusammenkünfte habe ich immer als sehr gemütlich empfunden.
Haben Sie Kinder?
Ich habe eine erwachsene Tochter. In ihrer Klasse war es richtig schick, nicht zu trinken und nicht zu rauchen. Erst seit sie in England war, trinkt sie ganz gern mal einen Whisky. Aber nur einen.
INTERVIEW: PLUTONIA PLARRE