: Und dauernd klingeln die Handys
Die weltgrößte Computermesse CeBit in Hannover hat an Zulauf und Renommee eingebüßt. Die Veranstalter wollen den Schwerpunkt weg von der traditionellen Ausstellung hin zu Foren und Kongressen verlegen
Was Aussteller Carsten Gerber im Jahr 2001 auf der CeBit erlebte, ist schwer zu toppen. Es war die Hochphase der Computermesse in Hannover. Mehr als 800.000 Menschen wogten durch die Messehallen. Ganz hoch im Kurs: Die Give-Aways, die kleinen Gadgets und Geschenke, die in tausende Taschen, Beutel und Rucksäcke wandern, um als CeBit-Beute nach Hause geschafft werden. Gerber bekam damals einen Kugelschreiber, der blinkt, wenn im Umkreis von fünf Metern ein Handy klingelt. „Auf der CeBit also eigentlich immer“, schreibt Gerber auf aktienboard.com.
Zwei Jahre später veranstaltete die intergenia AG den Wettbewerb „Wer ist der größte Raffsack?“. Verteilt wurden Jutesäcke, die von den Besuchern mit Give-Aways gefüllt werden sollten. Jeder Artikel durfte nur einmal eingepackt werden. Der Gewinner sackte 85 Kilogramm Werbenippes ein und gewann eine „Traumreise nach Florida“.
Kaum verwunderlich, dass die CeBit in Fachkreisen immer häufiger geschmäht wird wegen der Jäger und Sammler, wegen der „‚Is boah geil‘-Fraktion“ und der Shows mit halbnackten Frauen. Neben dem Renommee büßte die weltgrößte Computermesse an Wirtschaftlichkeit ein: 2006 zählte die CeBit rund 450.000 Besucher, weshalb die Messe laut der Nachrichtenagentur Reuters mit einem Verlust von rund zehn Millionen Euro rechnet. Prompt wird in diesem Jahr die Ausstellungsfläche von 300.000 auf 280.000 Quadratmeter schrumpfen. Statt 6.200 Ausstellern 2006 kommen in diesem Jahr 6.059 (taz berichtete).
Die Deutsche Messe AG will grundsätzlich umsteuern. 2008 wird die CeBit nur noch sechs statt bisher sieben Tage dauern. Und bereits in diesem Jahr werde man neben den Ausstellungen verstärkt Tagungen und Foren zur Diskussion aktueller Trends anbieten, sagt CeBit-Sprecherin Katja Havemeister. Damit will die CeBit Firmen zurückgewinnen, die der Messe den Rücken gekehrt haben: „Bei den Konferenzen sind dann auch Firmen wie zum Beispiel Oracle dabei, die grundsätzlich nicht ausstellen“, sagt Cebit-Chef Ernst Raue.
Generell soll die CeBit wieder mehr auf Geschäftskunden ausgerichtet werden. Dabei sei aber nicht geplant, bestimmte Tage bestimmten Besuchergruppen vorzubehalten, sagt Havemeister. Auch die Ticketpreise sollen nicht verändert werden. Angepeilt aber sei, den Anteil der Fachbesucher von derzeit 85 Prozent auf 90 Prozent zu steigern.
Stolz sind die Veranstalter, dass Bundeswirtschaftsminister Michael Glos die zuständigen EU-Minister zu einem IT-Gipfel auf der CeBit lädt. Für die Normalbesucher aber wird die diesjährige CeBit eher wenig spektakulär: Große Innovationen sind rar. Flachbildschirme werden größer und schärfer, Handys und Computer schneller, kleiner und leistungsfähiger – aber das neue Gerät, das jeder braucht, ist nicht in Sicht. Es wird um die Superlative bei Altbewährtem gehen und um die alte Idee der Konvergenz – das Verschmelzen des Computers mit anderen Geräten wie dem Fernseher oder dem DVD-Rekorder.
Interessant dürften die Präsentationen der Internet- und Telefongesellschaften werden. Die Deutsche Telekom will mit neuen Tarifmodellen das Ruder herumreißen und wettbewerbsfähiger werden. Ihre traditionelle Party allerdings sagte die Telekom ab, um den Neuanfang des Unternehmens zu unterstreichen. Laut der Zeitschrift Capital hatte Telekom-Chef René Obermann negative Schlagzeilen befürchtet, wenn das Unternehmen in Hannover auf den Putz haut und gleichzeitig 50.000 Mitarbeitern die Gehälter kürzen will. KLAUS IRLER
15. bis 21. März, Messegelände