: „Eine schwierige Konstellation“
WAHL-INTERVIEW (FOLGE 3) Schulmanager Jens Cencarka-Lisec wünscht sich einen Politikwechsel in Sachsen
■ 44 Jahre, ist Geschäftsführer der Freien Alternativschule Schule e. V. in Dresden. Die Privatschule mit Grund-, Mittel- und Oberstufe für 180 Kinder wurde 1992 gegründet.
taz: Herr Cencarka-Lisec, gehen Sie wählen?
Jens Cencarka-Lisec: Ja.
Was erwarten Sie sich von der Landtagswahl in Sachsen?
Jens Cencarka-Lisec: Eine schwierige Konstellation. Entweder die schlechten Verhältnisse werden zementiert, oder es wird eine Große Koalition geben – das macht es auch nicht viel einfacher.
Sie rechnen also so oder so mit keiner Verbesserung?
Wenn die SPD mit ans Ruder käme, wird es im Bildungsbereich wahrscheinlich schon Verbesserungen geben. Aber ich rechne mit zähen Verhandlungen.
Was sind die Hauptprobleme im Bildungsbereich?
Bildung ist im Allgemeinen in Sachsen sehr prekär. Es gibt einen wahnsinnigen Lehrermangel, der sich durch den demografischen Wandel weiter verstärken wird. Es werden nicht genügend Lehrer neu ausgebildet – das liegt vor allem am Diktat des Finanzministeriums. Sachsen nimmt keine neuen Schulden auf, also wird nur gespart.
Wie geht es den freien Schulen?
Es gibt einen extremen finanziellen Mangel. Den freien Schulen fehlen im Vergleich zu den öffentlichen Schulen 230 Millionen Euro jährlich. Im November 2013 hat das Verfassungsgericht aber bestätigt: Das Gesetz für Schulen in freier Trägerschaft ist verfassungswidrig. Freie Schulen müssen gegenüber den öffentlichen Schulen gleichwertig behandelt werden. Das heißt, es muss eigentlich ein neues Gesetz her.
Wer sind denn die Leidtragenden dieser Ungleichbehandlung?
Einerseits die Mitarbeiter, denn wir können nicht nach Tarif zahlen. Und die Eltern müssen Schulgeld bezahlen. Dadurch wird per se schon selektiert.
■ Am Sonntag ist Landtagswahl in Sachsen. Zwei Wochen später folgen Brandenburg und Thüringen. Die künftige Bildungspolitik ist überall ein heißes Thema.
■ In Sachsen prangert die Opposition den Lehrermangel und die fehlenden Konzepte dagegen an. In Thüringen wollen Grüne, Linke und SPD, dass Kinder länger gemeinsam lernen, die CDU ist dagegen. In Brandenburg kämpfen Linke und Grüne ebenfalls für Gemeinschaftsschulen. Die Grünen wollen wie die CDU aber auch mehr freie Schulen. (taz)
Was muss sich ändern?
Erstens müssen die freien Schulen gleich ausgestattet werden wie die öffentlichen Schulen. Zweitens muss sich etwas in der Administration ändern, wir brauchen eine unabhängige Aufsichtsbehörde. Drittens sollten die öffentlichen Schulen mehr Freiheiten in ihrer Ausgestaltung bekommen – finanziell, aber auch in Hinsicht auf ihre Lehrerauswahl. Denn wir sollten uns nicht in einer Konkurrenzsituation befinden, sondern einer konstruktiven Kooperation.
Wen wählen Sie denn?
Es wird nicht CDU oder etwas Rechtes. Ich möchte einen Politikwechsel erreichen, aber wie, weiß ich noch nicht. Am liebsten wäre mir eine rot-rot-grüne Koalition. INTERVIEW: JASMIN KALARICKAL