kommentar
: Intendanten im Cäsarenwahn

Der Westdeutsche Rundfunk verabschiedet seinen langjährigen Chef. Fast hat es den Anschein, als wäre Fritz Pleitgen nicht nur der „Alte Fritz“ (WDR-Jargon), sondern auch Grintaz – der „größte Intendant aller Zeiten“. Dabei ist er einfach nur ein bisschen größenwahnsinnig.

Vielleicht muss das so sein. Vielleicht gehört es ja tatsächlich zu den Berufskrankheiten der Intendanten öffentlich-rechtlicher Anstalten, dass ihnen irgendwann der entscheidende Schalter rausfliegt.

Peter Voß zum Beispiel. Jahrelang leitete der Mann den SWR, unauffällig und effizient – bevor er eines Tages überraschend seine eigene Apotheose in die Wege leitete, indem er die Menschheit an seinen wahren Talenten teilhaben ließ. Nicht genug, dass er in der Sendereihe „Lauter schwierige Patienten“ auf Augenhöhe mit dem Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki zu parlieren trachtete. Nein, im Frühjahr 2000 outete sich der Hansdampf mit dem Gedichtband „Zwischen den Kratern“ auch noch als Lyriker, auf den die Welt gewartet hatte. Woher die Hybris? Seit Kaiser Nero gilt: Gebt einem Mann zu viel Macht, und er greift früher oder später zur Laute. Schlimm. Und ein klarer Fall von Cäsarenwahn, Spätfolge jahrzehntelanger Bauchpinselei.

Nun also hat es Fritz Pleitgen erwischt. Zum Abgang ließ sich der mediale Landesfürst vom WDR bereits mit der gebührenfinanzierten Sendung „Rastlos – Gelassen“ feiern, einer „spannenden Dokumentation“ (WDR) über seine Karriere. Nun folgt auch noch ein Hüpfer ins musische Fach – mit einem Gastauftritt in der „Lindenstraße“, wo Pleitgen, besoffen von der eigenen Relevanz, im Reisebüro von Helga Beimer eine Rundreise zu den Stationen seiner Karriere buchen wird. Puppenlustig! Schade, dass Intendanten eben doch keine Cäsaren sind – denen wurde stets der Lorbeer nachgetragen und dabei mahnend ins Ohr geflüstert: „Bedenke, dass du sterblich bist.“ Oder wenigstens lächerlich. ARNO FRANK