: Die Frauen-List der Uni Bremen
GLEICHSTELLUNG Professuren nur für Frauen auszuschreiben, ist verboten. Aber man darf die Anzeige so gestalten, dass sie Frauen besonders anspricht. Die Uni macht es vor
VON ARMIN SIMON
Gleich fünf Professuren auf einmal hat die Bremer Uni zu besetzen, von Humangeographie mit Schwerpunkt Stadtgeographie bis Deutsch als Fremdsprache. Sie finden sich allesamt in einer gemeinsamen Stellenausschreibung. Die Uni, so heißt es im Vorspann, suche zum nächstmöglichen Zeitpunkt „exzellente Wissenschaftlerinnen für fünf zu besetzende Professuren“, und zwar „im Rahmen ihres Grete-Henry-Programms zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit“.
Die Sammelausschreibung ist Teil eines Plans der Uni, den Frauenanteil unter den ProfessorInnen weiter zu erhöhen. Im Dezember 2010 lag er mit 73 von 291 Professuren bei 25,1 Prozent – im bundesweiten Ranking bereits einer der Spitzenplätze, im Vergleich zum Frauenanteil unter den Studierenden, der bei 52,3 Prozent liegt, aber noch deutlich ausbaufähig. „Die unzureichende Beteiligung von Frauen“, hielt die Hochschulrektorenkonferenz fest, „bedeutet ein Effizienz- und Exzellenzdefizit“, weil nicht alle Talente genutzt würden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat deswegen „forschungsorientierte Gleichstellungsstandards“ aufgestellt, die Fortschritte bei der Gleichstellung sicherstellen sollen. Die Einhaltung der Standards ist zudem „entscheidungsrelevantes Kriterium bei der Bewilligung von Forschungsverbünden“.
Anders als bei den Post-Doc-Stellen, welche die Uni inzwischen geschlechtergetrennt ausschreibt, womit sie de facto eine 50-Prozent-Quote eingeführt hat, dürfen Professuren bisher nicht ausschließlich für Frauen ausgeschrieben werden. In der Ausschreibung gezielt Frauen anzusprechen, ist dagegen kein Problem. Im Fall der Bremer Uni erfolgt dies nicht nur im Textvorspann. Die 5-in-1-Ausschreibung selbst signalisiert: Die Uni sucht Frauen. Auf den Fotos, welche die Ausschreibung zieren, sind in der Hauptrolle ausschließlich weibliche Personen zu sehen. Wo es möglich war, habe man auch bei der Bezeichnung der Stellen auf Schlüsselwörter und Themen geachtet, die Frauen besonders ansprechen. Dass „Bewerbungen von Wissenschaftlern ebenfalls berücksichtigt“ werden, steht nur in einer Fußnote.
Im September probierte die Uni das Verfahren erstmals aus. Wie viele der acht Professuren, die damals im Angebot waren, am Ende mit Frauen besetzt werden, ist offen – die Verfahren laufen noch, entscheidend ist die Qualifikation. Eine positive Zwischenbilanz zieht die Uni dennoch schon: In mehreren Fällen habe die Zahl der Bewerberinnen „deutlich über dem jeweils fachspezifischen Durchschnitt“ gelegen – eine Überraschung für so manchen Fachbereich. „Das Argument, es gebe keine qualifizierten Bewerberinnen, wird so widerlegt“, sagt Anneliese Niehoff von der Arbeitsstelle Chancengleichheit der Uni, die das Verfahren mit entwickelt hat.
Nimmt die Uni ihr selbst gesetztes Leitziel „Geschlechtergerechtigkeit“ ernst, kommt sie allerdings nicht umhin, bei den Berufungen von Frauen noch einen Zahn zuzulegen. Einer Erhebung des Kompetenzzentrums Frauen in Wissenschaft und Forschung (CEWS) am Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften in Bonn zufolge waren nämlich schon 2007 in Bremen 23,3 Prozent der Professuren weiblich besetzt – 1,8 Prozentpunkte weniger als 2010. Schreibt man dieses Gleichstellungstempo fort, wäre das Geschlechterverhältnis in der ProfessorInnenschaft etwa um das Jahr 2050 herum ausgeglichen.