: Ceta und Mordio in der Bürgerschaft
FREIHANDELS-ABKOMMEN Noch im September will die EU-Kommission das Freihandelsabkommen mit Kanada paraphieren: Auch Bremens rot-grüne Koalition reagiert eher mit Skepsis
In 18 Fragen an den Senat hat die Grünen-Fraktion ihre Skepsis bezüglich des „Comprehensive Economic and Trade Agreement“ (Ceta) gebündelt. Das ist jenes Freihandelsabkommen, das Ende September von Vertretern der EU-Kommission und Kanada paraphiert werden soll. Danach bedarf es allerdings noch der Zustimmung durch Bundestag und rat. Die Wahrscheinlichkeit hierfür sinkt, spätestens seit die Tagesschau im August große Teile des Vertragswerks veröffentlicht hat.
Die geleakten Dokumente nämlich nähren den Verdacht, dass ein Ja zum Freihandel in diesem Fall ein Nein zur staatlichen Einflussnahme bedeutet. So formulieren die bislang bekannten Ceta-Regelungen einen „Sperrklinkeneffekt“ im Bezug auf die Liberalisierung von Dienstleistungen. Sprich: Eine Rücknahme von Privatisierung, etwa die Rekommunalisierung der Müllabfuhr, würde wohl als Vertragsverletzung gewertet – so die Einschätzung von Thomas Fritz. Der hat sowohl die bislang bekannten Ceta-Texte im Auftrag der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di als auch, für die Verdener Zivilgesellschaftsplattform Campact!, die Entwürfe für dessen großen Bruder, die Transatlantic Trade and Investor Partnership (TTIP) durchleuchtet.
„Wird nach Auffassung des Senats durch das Abkommen der Spielraum für künftige Rekommunalisierungen beschnitten?“, fragt nun die Grünen-Fraktion. Der Senat, hofft sie, sollte kompetent antworten können: Schließlich hat der mutmaßlich von der Bundesregierung die Dokumente erhalten. Genau weiß man aber auch das nicht: Berichte, nach denen den Bundesländern der Originaltext nebst Aufforderung zur Stellungnahme übermittelt wurde, harren der Bestätigung. Intransparenz, die offenbar selbst dem als Europhoriker bekannten grünen Haushaltspolitiker Hermann Kuhn sauer aufgestoßen ist. „Der Senat muss CETA eine Absage erteilen“, fordert er nun, „falls wir uns dadurch die kaum geprüfte Zulassung von Genmais, Fracking oder eine erzwungene Marktöffnung bei der kommunalen Daseinsvorsorge einhandeln.“
Die Bremer SPD befindet sich diesbezüglich in einer kniffligen Lage: Der Parteichef und Bundeswirtschaftsminister hatte Kritik an den Plänen bislang recht harsch abgebürstet. Und ein einschlägiges Schreiben des Bremer Landesvorsitzenden Dieter Reinken an Parteivorstand, Bundestags und Europafraktion der Sozialdemokraten klingt recht zag. „Wir erwarten von der europäischen Sozialdemokratie, dass sie hier genau auf die Details achtet, um Risiken für die Demokratien zu vermeiden“, lautet der energischste Satz des Briefs. Dabei pflegt man doch die Rekommunalisierung als neues Herzensprojekt der Partei – die unter Henning Scherfs Ägide noch einen bundesweit einzigartigen Ausverkauf der öffentlichen Hand betrieb. Immerhin findet ihr Europaabgeordneter Joachim Schuster deutliche Worte. Seit Mai im EP hat er dort einen Sitz im Ausschuss für internationalen Handel bekommen. Mindestens den geplanten Aufbau einer außerstaatlichen Schiedsgerichtsbarkeit unter dem Stichwort Investorenschutz halte er für „inakzeptabel“, teilte er mit. Er habe daher „die Kommission aufgefordert“, wenigstens diese Passagen „aus dem Abkommen herauszunehmen“. bes