: Tschechien plant Steuerparadies
Um bis zum Jahr 2012 eurotauglich zu werden, will die tschechische Regierung die Einkommensteuern senken – auf 15 Prozent. Profitieren würden die Gutverdiener
PRAG taz ■ Tschechien soll neu und attraktiv erscheinen – und zwar als Steuerparadies mit einem Einkommensteuersatz von 15 Prozent. Das plant zumindest die Regierung aus Bürgerpartei (ODS), Christdemokraten und Grünen.
Die Reform der Einkommensteuer ist ein Teil der weitreichenden Reformen der öffentlichen Finanzen, die sich die Koalition vorgenommen hat. Zum Paket gehört auch die Erhöhung des unteren Mehrwertsteuersatzes von 5 auf 9 Prozent. Firmen können mit einer Senkung der Unternehmensteuer von 24 auf 19 Prozent rechnen.
„Das ist eine Änderung zum Besseren, die ermöglicht, dass unsere ausländischen Arbeitgeber in der Tschechischen Republik Steuern zahlen werden“, sagt der Analytiker der Tschechoslowakischen Handelsbank (CSOB), Tomáš Sedláček.
Wie dem Nachbarland Slowakei, das schon vor drei Jahren eine radikale Rundum-Einheitssteuer von 19 Prozent eingeführt hat, geht es den Tschechen darum, mehr ausländische Investoren anzulocken. Sie sollen helfen, das gewaltige Haushaltsdefizit einzudämmen und bis zum Jahr 2012 eurotauglich zu werden.
Das Prinzip der neuen Einkommensteuer klingt einfach: weg mit den vier bisherigen Steuerklassen und -sätzen von 12, 19,5 und 32 Prozent! Her mit der 15-prozentigen Flat Tax! Und mit diesen 15 Prozent hätte Tschechien den niedrigsten Einkommensteuertarif in Europa.
Doch der Schein trügt. Denn gleichzeitig mit dem Steuersatz will die Regierung auch die Bemessungsgrundlage ändern. Die Einkommensteuer soll nicht mehr anhand des Bruttogehalts berechnet werden – sondern anhand des Arbeitgeberbruttos.
Das ist das Bruttogehalt plus die Beiträge zur Sozial- und Krankenversicherung, die der Arbeitgeber abführt. Abgaben an den Staat werden also noch einmal versteuert.
Vor allem aber: Umgerechnet auf den eigentlichen Bruttoverdienst und im Vergleich mit der alten Steuerbasis würde die neue Einkommensteuer real nicht 15, sondern 23,4 Prozent betragen. Richtig Steuern sparen würden also nach der Steuerreform nur die, die bislang in der höchsten Steuerklasse mit dem Steuersatz von 32 Prozent sind. Für Familien mit mittlerem Einkommen, also gut 80 Prozent der Tschechen, ändert sich kaum etwas.
Vielleicht auch gerade deswegen hofft Ministerpräsident Mirek Topolanek, die Reform im Parlament durchzubringen. Denn dort hat seine Regierung keine richtige Mehrheit und muss sich auf zwei Überläufer aus den Reihen der Opposition verlassen. Diese selbst hat angekündigt, gegen den Reformvorschlag zu stimmen.
Doch nicht nur die Opposition kritisiert die Reform. Auch der Finanzexperte der regierenden Bürgerpartei (ODS), Vlastimil Tlustý, hat Vorbehalte. Er glaubt, die Reform sei gar keine. „Das ist nur die Attrappe einer Reform, die nichts Positives bringt“, sagt Tlustý. SASCHA MOSTYN