: Ethik darf Pflicht sein
Obligatorische Ethik-Stunden sind verfassungsgemäß
FREIBURG taz ■ Der in Berlin neu eingeführte Ethikunterricht verletzt nicht die Religionsfreiheit. Dies entschied gestern eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts. Geklagt hatte eine 13-jährige evangelische Schülerin.
In Berlin ist Religionsunterricht schon seit Jahrzehnten kein ordentliches Lehrfach, sondern ein freiwilliges, aber staatlich mitfinanziertes Angebot. Der neue Ethikunterricht soll dagegen alle Schüler erreichen. Im letzten Sommer wurde der Ethikunterricht in der 7. Klassenstufe eingeführt. Schrittweise soll er bis zur 10. Klasse ausgebaut werden. Die Schülerin kritisiert, dass es keine Wahlmöglichkeit zwischen Ethik- und Religionsunterricht gebe. Seit Einführung des Fachs Ethik nähmen ein Viertel weniger Schüler am Religionsunterricht teil. Außerdem widerspreche das Fach Ethik dem christlichen Glauben, weil der Mensch im Mittelpunkt stehe und nicht Gott.
Karlsruhe wies die Verfassungsbeschwerde nun zurück. Der Staat dürfe der Entstehung von religiösen Parallelgesellschaften entgegenwirken, so die Richter, indem er versucht, den Schülern eine gemeinsame Wertebasis zu vermitteln. Aus diesem Grund sei die Ausgestaltung des Ethikunterrichts als Pflichtfach ohne Abmeldemöglichkeit zulässig. Der freiwillige Besuch des Fachs Religion führe nur zu einer „geringfügigen Mehrbelastung“.
Die Schülerin hat bereits im letzten Jahr versucht, die Einführung des Fachs Ethik zu stoppen. Damals sagte das Verfassungsgericht, sie solle zunächst eine – im Gesetz nicht vorgesehene – Abmeldung vom Ethikunterricht beantragen. CHRISTIAN RATH