: Die Luft ist raus
Die große Flaute der ersten Tage hat dafür gesorgt, dass das ohnehin schwache Interesse für den America’s Cup weiter abflaut. Beim live übertragenden ZDF spricht man von einer Katastrophe
VON TORSTEN HASELBAUER
Sie spielten Schach, lasen endlich einmal ein gutes Buch, erzählten sich Geschichten von der Land- und Seefahrt oder lümmelten sich einfach so herum auf ihren teuren Yachten. Manche ließen die Beine lässig über die Reling baumeln, warfen eine Angel und winkten fast ein wenig verschämt in Richtung Hafen von Valencia. Da standen sie, die Freunde des Segelsports, und schauten ratlos auf die flache, ölige See. Immerhin, die Sonne schien, einzig der Wind fehlte.
Der Imagetransfer, den sich der America’s Cup vor Valencia zum Auftakt der Matchraces verpassen wollte, ging gründlich daneben. Von der „Formel 1“ des Segelsports war vorher die Rede, dynamische, spektakuläre Rennen und Bilder wurden versprochen. Doch die Realität sah ganz anders aus. Bis Donnerstag herrschte nichts als Flaute, von der angekündigten Segelfiesta weit und breit keine Spur. Und als es am Freitag endlich losging – mit zwei Niederlagen für das deutsche Boot übrigens –, war die Luft auch schon raus. „Das war ein klassischer Fehlstart“, erkannte der Sportdirektor der Schweizer Yacht, Alinghi, Jochen Schümann. Die Schweizer als Titelverteidiger waren es, die die spanische Mittelmeermetropole Valencia zum Segelrevier auserkoren hatten – und das nicht umsonst. Gerade hier sollte doch Garbi wehen, und das sogar ohne Unterlass. Doch der ansonsten so zuverlässige Mittelmeerwind entpuppte sich, als es drauf ankam, als laues Lüftchen. Nicht mehr als drei Knoten brachte Garbi bis Donnerstag zustande. Mindestens sieben (13 Stundenkilometer) benötigen die bis zu 20 Millionen teuren Yachten, damit sie halbwegs flott über die Wellen kurven können. Vier Rennen in Folge wurden deshalb in Valencia abgesagt.
Und weil es aufgrund des Windmangels nichts Sportliches zu berichten gab, verschob sich das öffentliche Interesse an dem America’s Cup zunehmend in Richtung Randfiguren. Während die Sportler gelangweilt angelten oder ein Bier tranken, rückten plötzlich solche Protagonisten in den medialen Fokus, die eigentlich mit dem Segeln gar nichts zu tun haben. Zunächst, am vergangenen Montag, waren es die Promis. Das Model Tatjana Papitz zum Beispiel, die sich ein paar Stunden auf dem deutschen Boot „United Internet Team Germany“ die wettbewerbslose Zeit vertrieb, oder die Schauspielerin Demi Moore, die auf der Yacht „Emirates Team New Zeeland“ mitsegeln durfte. Man zerrte die Wettermänner vor die Mikros. „Wir liegen genau zwischen einem Tief über Afrika und einem Hoch über England. Das zieht die Situation in die Länge“, mutmaßte Guillermo Altadill, der Wetterexperte der deutschen Yacht am Dienstag. Er behielt Recht. Am Freitag wurde erstmals gesegelt.
Bis dahin litten aber nicht nur die Segelsportler und Zuschauer vor der spanischen Küste unter der chronischen Flaute. Als fast noch schlimmer gestaltete sich die anhaltende Windstille für das Fernsehen. Der Bezahlsender Arena zeigte am Montag immerhin noch Bilder aus Valencia. Allerdings nur eine Wiederholung des Sonntagsspiels aus der Primira Division, nämlich des Fußballmatchs Valencia gegen Sevilla (2:0). Danach nichts mehr. Das ZDF, das in der vergangenen Woche immerhin drei Rennen live übertragen wollte, strich ebenfalls die Segel.
Am Anfang behalf sich das engagierte Team vor Ort noch mit Geschichten aus der Historie des Segelsports. Am zweiten Tag brachen die Mainzer ihre Nachmittagssondersendung mangels Rennen bereits nach 13 Minuten ab, und den dritten geplanten Sendetag schenkte man sich dann in weiser Voraussicht lieber gleich. „Das war eine echte Katastrophe“, schilderte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz in einem ersten Rückblick das, was sich da in Spanien und auf der Mattscheibe abspielte. Enttäuschende Einschaltquoten von 3 bis 4 Prozent am ersten Sendetag ließen die ohnehin leidgeprüften Mienen der Fernsehmacher noch länger werden. „Normalerweise haben wir zu diesen Sendezeiten Quoten im zweistelligen Bereich, und die hatten wir auch mit dem America’s Cup angepeilt“, erklärte Gruschwitz. Heute will man das Problem „Segeln im Fernsehen“ analysieren und daraus die Konsequenzen ziehen. Glimpflicher kam die ARD davon, die von Anfang an Liveformate vermied. Die Tageszusammenfassungen sollten von Anfang an im Nachtprogramm versteckt werden, und wenn dann mal eine ausfällt, merkt es ohnehin kaum jemand.