WAHLEN IN FRANKREICH: ROYAL HAT NOCH NICHT VERLOREN
: Rechtsruck in Paris

Ségolène Royal, die erste Frau, die es in Frankreich in eine Stichwahl um den Einzug in den Élysée-Palast geschafft hat, holte das beste Erste-Tour-Ergebnis der französischen Linken seit Anfang der 90er-Jahre ein. Doch der Ausgang der nächsten Runde ist offen. Denn anders als noch in den 80er-Jahren führt die radikale Linke bei diesen Wahlen ein Schattendasein.

Sämtliche linke KandidatInnen gemeinsam sind heute schwächer als damals die KPF allein. Selbst wenn dieses Mal alle linken WählerInnen im zweiten Durchgang gemeinsam für Royal stimmen sollten – wie es ihre KandidatInnen vorschlagen –, hätte Royal nur maximal 37 Prozent.

Die französische Rechte geht aus dem ersten Durchgang der Wahlen mit einem historischen Rekordhoch hervor. Die FranzösInnen, die in den letzten Jahren immer wieder große Mehrheiten links produziert haben – zuletzt bei den Europaparlamentswahlen, bei den Regionalwahlen und bei dem EU-Referendum – sind dieses Mal weit nach rechts gedriftet. Sie haben nicht nur Nicolas Sarkozy ein besseres Ergebnis verschafft, als es Jacques Chirac je hatte, sondern ihm dazu noch andere starke rechte- und rechtsextreme Politiker an die Seite gewählt. Drei der vier stärksten Politiker Frankreich sind Rechte.

Dennoch ist der zweite Durchgang für Royal keineswegs verloren. Erstens sind längst nicht alle WählerInnen des rechtsliberalen François Bayrou, der bei diesen Wahlen sein Ergebnis verdreifacht hat, von Haus aus Rechte. Viele von ihnen stammen ursprünglich aus dem Lager der Sozialdemokratie. Und zweitens haben vielen FranzösInnen eine geradezu panische Angst vor Sarkozy und seinem bonapartistischen Politikstil. In den verbleibenden eineinhalb Wochen muss Royal versuchen, sowohl die WählerInnen von der radikalen Linken als auch die Anti-Sarkozysten der Mitte für sich gewinnen. Dazu muss sie nicht nur auf ihr eigenes Programm und ihren eigenen Politikstil setzen, sondern auch darauf, dass sie die einzige Garantie ist, dass die Ideen der Front National nicht auf dem Umweg über den Kandidaten Sarkozy Einzug in den Élysée-Palast halten. Möglich ist das.

DOROTHEA HAHN