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Archiv-Artikel

Ist Papi ein Diktator?

USBEKISTAN Präsidententochter Lola Karimowa-Tilljaewa bemüht die Gerichte gegen die Presse

Am 19. Mai wird ein Pariser Richter entscheiden, ob die Bezeichnung des usbekischen Präsidenten Islam Karimow als Diktator strafbar ist. Den Prozess angestrengt hat die jüngere usbekische Präsidententochter Lola Karimowa-Tilljaewa, die in der französischen Hauptstadt lebt – als Unesco-Botschafterin.

Ihr ist der vor einem Jahr auf der Nachrichtenwebsite Rue89 erschienene Artikel „Usbekistan unterdrückt zu Hause und flaniert in Cannes“ aufgestoßen. Die französische Internetzeitung hatte geschrieben, dass beide Diktatorentöchter versuchten, das Image des Regimes reinzuwaschen. Außerdem habe Lola 190.000 Euro für ein nur zwanzigminütiges Erscheinen auf einer ihrer Soireen an die italienische Schauspielerin Monica Bellucci gezahlt.

Karimowa verlange von Rue89 nun 30.000 Euro Schadenersatz für „moralische Vorverurteilung“, sagt Rue89-Redakteur Augustin Scalbert. Außerdem verneine die Präsidententochter jegliche Geldzahlung an den italienischen Star – und wehre sich vor allem dagegen, als Diktatorentochter bezeichnet zu werden.

Das verwundert. Usbekistan – seit 22 Jahren unter der Herrschaft von Karimow – ist eines der repressivsten Regime weltweit. Es gibt weder Pressefreiheit noch eine legale Opposition oder freie Wahlen. Nach UN-Angaben wird in dem Land zudem „systematisch gefoltert“. Einen Volksaufstand in Andischan im Mai 2005 ließ Karimow mit Panzern niederschießen. Währenddessen führen Karimows Töchter Gulnara und Lola in Europa ein Luxusleben.

Rue89 freut sich auf den Prozess in Paris. „Entweder würde Karimow in Paris per Urteil als Diktator bestätigt“, sagt Scalbert, – oder aber Rue89 werde bis zum Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte klagen. Die Redaktion könne auch die Zahlung an Bellucci belegen.

Eine taz-Anfrage an die usbekische Unesco-Botschafterin blieb unbeantwortet. Ihre Schwester Gulnara Karimowa war 2010 bei der prestigeträchtigen „Cinema Against Aids“-Gala der Filmfestspiele in Cannes Schirmherrin, obwohl Usbekistan einen Aidsaktivisten für sieben Jahren ins Gefängnis schickte. Die diesjährige „Cinema Against Aids“-Gala findet genau am selben Tag wie der Prozess in Paris statt – diesmal ohne Diktatorentöchter. Doch Gulnara Karimowa feierte schon jetzt auf der Chopard-Party in Cannes – unter dem Motto „Juwelen sind der Mädchen beste Freunde“.

MARCUS BENSMANN, ALMATY