Anti-Werbung für Stadtteilschule

SCHULFORM-EMPFEHLUNG SPD will Ankreuzbögen überarbeiten. Botschaft: Die Stadtteilschule ist für jedes Kind richtig. Walter Scheuerl läuft dagegen Sturm

Die Gymnasial- Empfehlung bleibt. Ein Antrag der Grünen, sie abzuschaffen, geht der SPD zu weit

Die Schulbehörde soll die Schullaufbahnempfehlung nach Klasse 4 überarbeiten. Das ist Ergebnis einer Abstimmung am späten Donnerstagabend in der Bürgerschaft. Für die Eltern soll ersichtlich sein, dass die Stadtteilschule „für Kinder jedes Leistungs- und Lernniveaus eine gute Perspektive bietet“, heißt es im beschlossenen Antrag der SPD. Der GAL-Antrag, das umstrittene Kreuz fürs Gymnasium ganz abzuschaffen, fand keine Mehrheit.

Die SPD will aber möglichst wenig Wirbel. Schulsenator Ties Rabe war noch nicht einmal im Saal, als Schulreform-Gegner Walter Scheuerl von der CDU-Faktion zu später Stunde eine Debatte anzettelte. Er nannte den SPD-Antrag eine „Ungeheuerlichkeit“. Diese widerspreche den Vereinbarungen, die im September 2010 mit seiner Volksinitiative gegen die sechsjährige Primarschule getroffen wurden. Scheuerl setzte seinerzeit durch, dass im Gesetz für Gymnasium und Stadtteilschule je ein unterschiedlicher Bildungsauftrag festgelegt sind, obwohl beide zum Abitur führen. Deshalb ginge es nicht an, zu sagen, die Stadtteilschule sei gut für alle „egal wie begabt das Kind ist“. Der Senat habe den Auftrag, eine gute Stadtteilschule zu schaffen. Scheuerl: „Das ist sie aber noch nicht.“

Ähnlich argumentierte der CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann. Die Stadtteilschule sei gut für Kinder, die mehr Zeit bräuchten oder wollten. „Für das Kind, das ganz schnell lernt und ganz schnell zum Abitur kommen will, ist sie aber nicht die richtige Wahl.“

Die Empfehlung sei ein „total unzuverlässiges Instrument“, hielt Stefanie von Berg dagegen. „Kinder bekommen einen Bogen in die Hand, in dem es heißt: Du bist zu doof fürs Gymnasium.“ Damit fühlten sich die Kinder schlecht. Von Berg: „Dieses wollen wir nicht mehr.“ Der von Scheuerl zitierte Schulfrieden beziehe sich nur auf die Schulstruktur von vier Jahren Grundschule, nicht aber auf diese Details. Von Berg hätte gern im Schulausschuss Experten zum Thema angehört, konnte das aber nicht durchsetzen.

„Herr Scheuerl, Sie leiden unter Verfolgungswahn“, setzte der SPD-Schulpolitiker Lars Holster nach. Die Empfehlung auf zwei Kreuze zu reduzieren sei „pädagogischer Unsinn“. Deshalb suche man eine sinnvollere Formulierung. Die Empfehlung ganz abzuschaffen, wie GAL und Linke es wollten, „wird mit der SPD nicht passieren“.

Senator Rabe will sich derzeit zu der Sache nicht äußern und sich „Zeit nehmen“, wie es aus seinem Hause heißt. Am Montag spricht er mit Eltern der Stadtteilschulen.

Elternvertreter Robert Schneider erfüllt die jüngste Debatte mit Sorge. „Wenn die Stadtteilschule für leistungsstarke Kinder nicht empfohlen wird, ist das geradezu Anti-Werbung“, sagt er. Dadurch werde der Aufbau einer starken zweiten Säule neben dem Gymnasium „massiv gefährdet“. KAIJA KUTTER