: Kinderkram rechnet sich nicht
STEIGENDE MIETEN Die Gentrifizierung kommt in den Kitas an: Der gekündigte Kinderladen „Tarzan und Isolde“ findet keine neuen Räume – genau wie ein Dutzend weiterer Einrichtungen in Neukölln und Kreuzberg
BABETTE SPERLE VOM DAKS
VON GESA STEEGER
Für den Kinderladen „Tarzan und Isolde“ in Neukölln könnte bald Schluss sein: Anfang März dieses Jahres hat der Vermieter die Räume in der Friedelstraße gekündigt, weil sie zu Wohnungen umgebaut werden sollen. Die Kündigung sei „völlig überraschend“ gekommen, erzählt Renate Schneider aus dem Vorstand der Kita. Die Eltern, die 25 Kinder und sechs Erzieher seien entsetzt gewesen. „Wir sind seit 1997 in den Räumen und bilden eine gewachsene Gemeinschaft. So etwas löst man nicht einfach auf“, sagt Schneider.
Die Situation der Kita ist kein Einzelfall: Laut Babette Sperle, Sprecherin des Dachverbands Kinder- und Schülerläden (DAKS), kämpfen etwa zwölf weitere Kindertagesstätten in Neukölln und Kreuzberg mit Kündigungen oder drastischen Mieterhöhungen. „Die Kitas ächzen“, sagt Sperle. Das sei früher anders gewesen. „Da hatten wir vielleicht vier solcher Fälle im ganzen Jahr.“
Viel Hoffnung kann sie den Betroffenen nicht machen: „Die Kitas sind dem Gewerbemarkt ausgeliefert.“ Wer da am meisten zahle, der bekomme den Zuschlag. Viele Kindertagesstätten hätten aufgrund ihres begrenzten Budgets dann das Nachsehen, sagt die Sprecherin.
Weil sie im kommenden Jahr nicht auf der Straße sitzen wollen, sind Eltern und Erzieher von „Tarzan und Isolde“ nun auf der Suche nach neuen Räumen. Und finden: nichts. Treptow, Neukölln, Kreuzberg – das seien hoffnungslose Pflaster, sagt Schneider. Viele Vermieter würden Gewerberäume in Wohnräume umwandeln, um so die Mieteinnahmen zu steigern, sagt die 43-Jährige. Nur zwei Ausweichorte hätten sie sich bisher angeschaut, der Rest sei von vornherein ausgeschlossen gewesen – „zu teuer“, berichtet Schneider.
Tatsächlich haben die Mieten für Wohnungen in diesen Stadtteilen kräftig zugelegt. Allein in Friedrichshain-Kreuzberg gab es laut dem GSW-Wohnmarktreport 2013 ein Plus von fast 12 Prozent. Pro Quadratmeter zahlt man dort inzwischen im Schnitt 10 Euro. Im Norden Neuköllns sieht es nicht viel besser aus.
Der Kinderladen „Tarzan und Isolde“ hofft nun auf Hilfe des Senats. „Kinderläden und soziale Einrichtungen stehen auf der Straße, weil Wohnungen gerade teuer auf den Markt geschmissen werden“, sagt Renate Schneider. Das sei ein strukturelles Problem, das auch die Landesregierung etwas angehe, findet sie.
Laut Torsten Metter, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, sind dort die Schwierigkeiten der Kindertagestätten bereits bekannt. „Wir versuchen in solchen Fällen, gemeinsam mit dem Kitaträger einen Weg zu finden“, sagt Metter. Darüber hinaus solle geprüft werden, ob die Zahlungen, die die Kitaträger für die Mieten erhalten, ausreichend seien. Das ist allerdings erst im nächsten Jahr geplant – für „Tarzan und Isolde“ könnte das bereits zu spät sein.