: Drei Damen im Bild
Die WAZ-Mediengruppe gibt sich einen Kodex für unabhängigen Journalismus. Warum nur? Warum jetzt?
Die drei Damen hatten es sich bequem gemacht. Vor ihnen Fotografen, neben Anneliese Brost, Gisela Holthoff und Renate Schubries machten Angestellte Unterschriften. Schließlich stellten sich alle auf fürs Erinnerungsfoto: Vorne die drei Eignerinnen der WAZ-Mediengruppe, dahinter Verwalter, Geschäftsführer, Personalvertreter und alle zehn Chefredakteure der deutschen WAZ-Tageszeitungen.
Der Anlass des Mediengruppenfotos: Der Konzern hat sich einen „Kodex“ erarbeitet, der die Trennung von Redaktion und Werbung bekräftigt. Bisher hatte die WAZ dafür das „rote Buch“ von 1974. Erläutert wurde darin etwa, nur über Autogrammstunden mit Graham Bonny zu berichten, wenn dabei Fensterscheiben zu Bruch gehen und Kinder zu Schaden kommen.
Der neue Kodex verzichtet auf solche Beispiele, ist aber nicht ohne Brisanz: Um mehr Unabhängigkeit zu beweisen, will sich die WAZ an Pressereisen mit einem Eigenanteil beteiligen. Kopplungsgeschäfte mit Veranstaltern, die sich Berichterstattung erkaufen wollen, sind untersagt. Und Journalisten, die sich mit Presserabatten günstige Flüge besorgen, haben das bei der Chefredaktion „anzuzeigen“. Nicht nur das verspricht Aufwand: Die Betriebsräte sind gegen die Offenlegung der Rabatte, im Online-Zweig gilt der Kodex „sinngemäß“ und bei „Gemeinnützigem“, wie der Kulturhauptstadt-Kampagne, soll nicht so streng vorgegangen werden. Dabei wurmt manche Konkurrenten, wie der regionale Platzhirsch Großveranstaltungen im Ruhrgebiet usurpiert.
Warum die WAZ gerade jetzt einen Kodex verabschiedet, der nur dafür sorgen soll, „das sich nichts ändert“, wie ein Kollege grinsend einwirft? WAZ-Vermögensverwalter Stephan Holthoff-Pförtner preist die Medien als vierte Gewalt und geißelt Gratiszeitungen, die sich nur so nennen: „Denn einer hat dafür gezahlt!“ WAZ-Geschäftsführer Bodo Hombach empört sich gegen TV-Schleichwerbung. Die Seriösität des Printjournalismus sei da eine Chance. Gemunkelt wird, das Autogramm unter dem Kodex sei auch ein Treueschwur im Streit zwischen den WAZ-Eignern. Tatsächlich fehlte im Damenkranz Petra Grotkamp. Die Ehefrau des Ex-Geschäftsführers befasst sich mit den anderen WAZ-Besitzern lieber vorm Landgericht. CHRISTOPH SCHURIAN