Kabinenpredigt : Sarah BSC
„Bevor man gewinnen kann, muss man lernen, richtig zu verlieren.“ So könnte der mit Kreuzstich gestickte Sinnspruch lauten, der vermutlich an der Innenseite der Tür der Hertha-Mannschaftstoilette hängt und auf den die Spieler seit Urzeiten bei jeder ihrer Sitzung starren. Und solch ein Spruch, der setzt sich im Unterbewusstsein fest, da helfen keine Gespräche, keine Prämien, keine Pillen.
„Nicht vergessen: Wir müssen unbedingt verlieren, das ist ganz wichtig“, sagt sich das kleine Kickerhirn in den entscheidenden neunzig Minuten und gibt die entsprechenden Befehle an die ausführenden Körperregionen weiter. Oder gibt es im Olympiastadion vielleicht so etwas wie einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, der sich jede Saison öffnet und die Mannschaft zur ewigen Wiederholung ihrer schlechten Leistungen zwingt? Käptain Kathryn Janeway aus „Star-Trek“ kennt sich mit solchen Problemen gut aus und hilft sicher gerne.
Ich bin also wirklich bereit, Erklärungen zu suchen, die das unansehnliche, hässliche Dauerverlieren von Hertha seit Beendigung der Bundesliga-Winterpause erklären können. Vom Ausscheiden aus dem DFB-Pokal möchte ich gar nicht erst anfangen. Ein Sieg hätte hier zwar jedem Spieler die erste Prämie der Saison gebracht, immerhin 50.000 Euro, aber unsere Herthajungs, die spielen doch nicht für Geld. Nö, da verlieren die sogar noch lieber. Um zu beweisen, dass sie nicht käuflich sind. Oder fehlt es am Ende doch einfach am elementaren Grundwissen? Ein Spiel dauert mindestens neunzig Minuten. Das Runde muss in das Eckige. Eine Saison umfasst 34 Spiele, die man alle gewinnen wollen muss! Manno, das ist doch wirklich nicht so schwer.
Ansonsten bleibt dem gequälten Fan immer nur das Hoffen auf das nächste Spiel, Hertha gegen den derzeitigen Tabellenletzten, Borussia Mönchengladbach. Andererseits, wenn Hertha erst mal in dieser Verliererlaune drin ist, können die Gegner noch so schlecht sein, Hertha schafft es trotzdem zu verlieren. In der vergangenen Saison war es ja auch nicht leicht, in der Rückrunde gegen den damaligen Tabellenletzten Köln zu verlieren. Hertha aber hat es souverän mit vier Gegentoren gemeistert. Zuverlässig zumindest ist Hertha also. SARAH SCHMIDT
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