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Archiv-Artikel

Opfer zur Kasse gebeten

Obwohl ihre Unterlassungsklage gegen den Neonazi Volker Fuchs erfolgreich war, soll die Klägerin einen Teil der Prozesskosten bezahlen. Fuchs sei nicht auffindbar – dabei hat er in der Bürgerweide einen neuen Laden eröffnet

Vor dem Amtsgericht Altona hatte die junge Frau Recht bekommen: Monatelang war sie von dem Neonazi Volker Fuchs bedroht wurden. An dessen Laden in der Talstraße, der im vergangenen Herbst geschlossen werden musste, musste sie täglich vorbei: Sie wohnte im selben Haus. Auch wenn ihr kleines Kind mit dabei war, wurde sie von Fuchs bepöbelt, wie der Partner der Frau bei der Verhandlung berichtete. Ruhig wurde es erst, als Fuchs wegen der Proteste umziehen musste.

Vor Gericht hatte die Frau eine Unterlassung erwirkt: Fuchs darf sie nicht mehr bedrohen oder beschimpfen. Um so überraschter war sie, als ihr die Justizkasse Ende April mitteilte, dass sie die Prozesskosten anteilig bezahlen solle. Die Begründung: Ein Ausgleich der Forderung sei durch den Erstschuldner nicht möglich. Als Zweit- und Mitschuldner müsse sie deshalb die Summe von 82,50 Euro binnen zwei Wochen einzahlen.

„Dass das Opfer auch noch anteilig die Gerichtskosten für ihren Peiniger übernehmen soll, ist moralisch bedenklich und persönlich sehr verletztend“, findet die Frau. Im Verfahren hatte sie sogar darauf verzichtet, eine Bestrafung zu fordern – „um des lieben Friedens willen“.

Dass die Gerichtskasse sich an sie wendete, weil der „Gegner unbekannten Aufenthaltes ist“, mag der Partner kaum glauben. Eine „fahrlässige Recherche“, meint er. Denn in der Bürgerweide hat Fuchs unlängst seinen neuen Laden „Unbreakable Streatwear“ eröffnet. Über die Bemühungen der „Hanseatischen Baugenossenschaft Hamburg“, ihren Mieter zügig loszuwerden, hatte die taz berichtet. Andere Medien wussten von Polizeieinsätzen gegen Neonazis, die sich im Laden trafen. Unlängst verurteilte das Landgericht Fuchs wegen Körperverletzung. Eine ladungsfähige Adresse muss also vorhanden sein.

Um jetzt nicht auch noch Mahngebühren zahlen zu müssen, hat die Frau unter Vorbehalt gezahlt. Per Brief teilte sie dem Gericht Adresse und Öffnungszeiten von Fuchs’ Laden mit. Sie erwartet die Rücküberweisung. ANDREAS SPEIT