: Leidige Untermieter
ASBEST Eliteschule ist von giftigen Fasern und Mardern befallen. Weil sich der Umzug verzögert, stellen Eltern nun Strafanzeige
VON PLUTONIA PLARRE
Die Eltern haben die Schnauze voll. Seit Monaten laufen sie gegen die Zustände in der asbestbelasteten Poelchau-Oberschule in Charlottenburg Sturm, fühlen sich aber im Stich gelassen. Nun wollen sie gegen die Verantwortlichen Strafanzeige wegen Körperverletzung und Gesundheitsgefährdung erstatten. „Am liebsten würden wir Schulsenator Zöllner persönlich verklagen“, sagt Wolfgang Menke, Mitglied der Gesamtelternvertretung (GEV). „Ob das geht, prüfen wir gerade.“
Die Poelchau-Schule am Halemweg ist vom Deutschen Olympischen Sportbund als Eliteschule des Sports dekoriert. Doch Teile des Gebäudes sind asbestverseucht, was seit 1989 bekannt ist. Seit langem ist beschlossen, dass die Schule in das unter Denkmalschutz stehende „Haus des Sports“ im Olympiapark umzieht. Aber das dauert. Die Mittel für den Umbau, der 12 Millionen Euro kosten soll, seien in die Investitionsplanung 2012/13 aufgenommen worden, sagt Beate Stoffers, Sprecherin der Schulverwaltung. Der Umzug werde vermutlich 2015 erfolgen.
Bis dahin könnten die Schüler unmöglich in dem asbestbelasteteten Gebäude am Halemweg bleiben, findet die GEV. Gefordert wird eine Zwischenlösung. Zum Bespiel in Form eines Containerdorfs, das nach ihrer Einschätzung binnen neun Monaten im Olympiapark errichtet werden könnte. Der Vorteil: Die Schüler könnten dann auch schon in den dortigen Sportstätten trainieren. Schulleiter Rüdiger Barney unterstützt diese Forderung. Sechs Klassenräume mit Asbest in der Deckenverkleidung seien inzwischen geschlossen worden, zwei im letzten Herbst, die anderen vier vor rund vier Wochen. Verschärfend hinzugekommen sei, dass in der Decke Marder lebten, sagt Elternsprecher Menke. Die Tiere könnten durch ihre Bewegungen zur Freisetzung von Asbeststaub beitragen. Stoffers zufolge existiert das Marderproblem aber seit Wochen nicht mehr: „Der Schädlingsbekämpfer war da.“ Barney und Menke widersprechen dieser Darstellung. „Man hört und riecht sie“, sagt Barney. „Sie breiten sich gemütlich über das gesamte Dachgeschoss aus und reißen Löcher in die Zwischendecken“, ergänzt Menke. Seine Sorge ist, dass nach den Klassenräumen bald die Decke über der Kantine betroffen sein könnte. Nicht nur der Marderkot stinke, sagt Barney. In der Zwischendecke gefundene Kaninchen- und Taubenkadaver zeugten davon, dass die Tiere dort auch ihre Nahrung zerlegen. „Was sie nicht fressen, bleibt liegen,“ sagt Menke. „Die Hinterlassenschaft rieselt dann auf unsere Kinder“.
Klingt ziemlich abenteuerlich. Kommen die Marder Eltern und Lehrern vielleicht ganz gelegen, weil man so den Umzug aus dem maroden Schulgebäude beschleunigen kann? Günter Peiritsch, Sprecher des Landeselternausschusses, bestreitet das. „Das sind keine hysterischen Eltern, die zur Übertreibung neigen.“ Er verweist auf Gutachten, die den Asbest in der Luft belegen. Schulleiter Barney zufolge hat die vor den Osterferien durchgeführte Messung 100 Fasern pro Kubikmeter ergeben. Der zulässige Grenzwert liege bei 500. „Eine Faser Asbest ist eine Faser zu viel“, fasst der Schulleiter die Haltung der Eltern zusammen. Stoffers widerspricht der Dringlichkeit: „Es besteht keine Gesundheitsgefahr. Andernfalls würden wir sofort reagieren.“