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Archiv-Artikel

Zweifelhaftes Flachland

TJ Hertz ist ein in Berlin lebender britischer Produzent, der unter dem Namen Objekt seit vier Jahren Platten veröffentlicht. Mehr braucht man über ihn eigentlich nicht groß zu wissen, denn der Musiker hat mit gerade mal einer guten Handvoll Maxis einen reifen „Personalstil“ entwickelt, der keine übergestülpte Rahmenerzählung zur Legitimation benötigt. Als Bausteine verwendet Hertz diverse Ansätze aus Bassmusik und Techno, die er in handelsunüblicher Form zusammensetzt. Für die Resultate verwendet er gern Bezeichnungen wie „3-Step“, „Bass-Core“ oder „Shithouse“.

„Flatland“ heißt sein erstes Album, das jetzt auf dem Berliner Label Pan erscheint, einer zuverlässigen Adresse für unverbrauchte elektronische Klänge. Wie es bei dem Label guter Brauch ist, gestattet Hertz seinen Tracks einiges an Eigenleben. Mal baut er dazu ein streng getaktetes Gerüst – zu dem man Techno sagen könnte, wenn der Begriff nicht so stark vergangenheitskonnotiert wäre – mal schickt er die Klänge auf Erkundungsfahrt im Raum, wo sie ihren eigenen Rhythmus entwickeln können, doch fast immer meint man, diese Obertonkonstellationen so zum allerersten Mal zu hören. Von kristalliner Helligkeit bis zu schattenhafter Halligkeit reicht seine Palette, die er mit reichlich Sinn für Proportionen einsetzt. Also gar nichts zweifelhaft in diesem Flachland von Objekt.

Aber irgendwie muss die zweite Platte ja in der Überschrift gewürdigt werden: „Iffy“ – so der Titel, den der Wahlberliner Lorenz Brunner für das dritte Album seines Projekts Recondite gewählt hat – bedeutet im Deutschen wahlweise „zweifelhaft“, „fraglich“, „ungewiss“. Brunner will wohl auf das Uneindeutige und Unklare verweisen, das man als eine Dimension seiner Musik lesen kann: Selbst da, wo Musik von Gefühlen oder Zuständen zu erzählen scheint, gibt es nie einen unmittelbaren Verweisungszusammenhang, wie er in sprachlichen Äußerungen in der Regel vorhanden ist.

Brunner, der eine dezent melancholische Spielart von Techno perfektioniert hat, schafft es allerdings, den Eindruck zu vermitteln, er spreche mit seiner Musik zu seinen Hörern. Das liegt an der Mehrschichtigkeit seiner Produktionen, die einerseits Direktheit durch druckvolle Beats herstellen, andererseits in ihren Melodien wieder von der Tanzfläche abrücken oder vielmehr an ihr entlanggleiten. Brunner hält dabei ausreichend Maß, damit es nicht zu heftig wird mit den Emotionen.

TIM CASPAR BOEHME

■ Objekt: „Flatland“ (Pan)

■ Recondite: „Iffy“ (Innervisions/Kompakt)