piwik no script img

Archiv-Artikel

Streit bei den Pauli-Frauen

FUSSBALL Die Anmeldung eines neuen Frauen-Teams sorgt beim FC St. Pauli für eine Grundsatzdebatte. Es geht um Leistungssport und Autonomie

„Wir sind wütend und auch ein bisschen fassungslos“

ANNA VON VILLIEZ, ST. PAULI-FRAUEN

Beim FC St. Pauli stehen die Zeichen auf Sturm. Die Frauenfußball-Abteilung fühlt sich in ihrer Autonomie verletzt und respektlos behandelt. Der Grund: Das Präsidium hat am 27. Juli ein drittes Frauenfußball-Team beim Hamburger Fußballverband angemeldet, jedoch nicht als Teil der eigens dafür existierenden Abteilung. Diese wurde von dem Schritt nicht einmal in Kenntnis gesetzt. Die neue Mannschaft ist Teil der Rugby-Abteilung, tritt aber fußballerisch als Konkurrenz der zweiten Frauenmannschaft in der Kreisliga an.

„Wir sind wütend und auch ein bisschen fassungslos“, sagt Anna von Villiez im Namen der Fußball-Abteilung. „Es kann doch nicht angehen, dass problemlos Abteilungsstrukturen übergangen werden. Bald gibt es dann Rugby in der Ping-Pong-Abteilung und American Football beim Schach.“

Streitpunkt ist das Vorgehen von Flemming Nielsen. Der trainiert seit 2006 die Juniorinnen beim FC St. Pauli. Nielsens ursprünglicher Plan war es, seine Juniorinnen mit den Spielerinnen der ersten Frauenmannschaft zu einem Team unter seiner Leitung zu fusionieren. Dies sei, so beteuert er, mit dem Trainer der ersten Mannschaft, Kai Czarnowski, abgesprochen gewesen. Czarnowski und die Abteilung sehen das anders und bezichtigen Nielsen der Lüge.

Die Anschuldigung, er habe die Meldung des neuen Teams initiiert und damit die Fußballabteilung hintergangen, hält Nielsen für unberechtigt: „Meine Mädels sind hungrig und haben Lust auf Leistungsfußball. Sie sind bereit, fünf Mal in der Woche zu trainieren“, sagt er. „Doch die Abteilung hat ihnen keine fußballerische Zukunft geboten.“

Am vergangenen Montag stellte die Frauen-Abteilung einen offenen Brief, der die Abmeldung des neuen Frauenteams fordert, ins Netz. Dieser zählt bereits über 440 Unterschriften.

Nun will auch das Präsidium, dessen Rolle in dem Konflikt bis dato noch sehr undurchsichtig ist, eingreifen. Die Abteilungsleitung wurde für den gestrigen Abend zum Krisengespräch gebeten. Ob sich der Konflikt entspannt oder weiter verschärft hat, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Ebenso wenig, wie die Zukunft der 20 Spielerinnen, die für die neu gemeldete dritte Frauenmannschaft auflaufen wollen. Wird die Mannschaft zurückgezogen, werden sie in der kommenden Saison wohl gar keinen Vereinsfußball mehr spielen.

FREDERIK SCHÄFER