: Wo die Grauen Wölfe heulen
KULTURPFLEGE Für ein Konzert am Wochenende in Hannover zeichnet ein ultranationalistischer türkischer Verein verantwortlich
Das Konzert ist nicht irgendeines. Der türkische Musiker Mustafa Yıldızdoğan ist gerade auf Deutschland-Tournee, und tritt nun, am kommenden Sonntag, neben anderen im „Star Event Center“ in Hannover auf. Auf Yıldızdoğans Facebook-Seite allerdings findet sich prominent das Emblem der „Föderation der Demokratischen Türkischen Idealistenvereine“ (Almanya Demokratik Ülkücü Türk Dernekleri Federasyonu, ADÜTDF): zwei Minarette, dazwischen der Halbmond. In dem Verein sind Ultranationalisten vereint, die sich auch als „Graue Wölfe“ bezeichnen.
„Dieser Zusammenhang ist mir nicht bekannt“, sagt Irfan Gürek, Geschäftsführer des Star Event Center, auf taz-Anfrage. Schon drei-, viermal hätten solche Konzerte stattgefunden. Politik? Nein, da sei nie etwas aufgefallen. „Diese Events“, sagt Gürek, „sind wie Familienfeste.“
Das Konzertplakat ziert aber nicht bloß ihr Emblem, die 1978 als Auslandsabteilung der rechtsextremen „Partei der nationalistischen Bewegung“ (MHP) gegründete ADÜTDF steht da auch als Veranstalter. Als Ansprechpartner für das Konzert wird die „Türkische Familienunion in Hannover und Umgebung e. V.“ genannt, und die wiederum findet sich in einer Auflistung von Gliederungen der „Grauen Wölfe“ wieder, erstellt von der niedersächsischen Landesregierung auf eine Anfrage der Linken Ende 2011 hin. Demnach teilen zehn Vereine im Land die Ideen der „Ülkücü-Bewegung“ von einer „Großtürkei“ und der Forderung nach einer „Wiedervereinigung“ aller Turkvölker vom Balkan bis Zentralasien.
Die ADÜTDF bemüht sich in der Öffentlichkeit moderat zu erscheinen. Auf seiner Webseite erklärt der Verein mit Sitz in Frankfurt/Main, weder linken noch rechten „politischen Gesinnungen“ nahezustehen. Die Hauptaktivität liege „im kulturellen und familiären Bereich“, das Ziel sei „Wahrung und Entfaltung der kulturellen Identität unserer Mitglieder“.
Aus Sicht mancher Experten geht dieses Wahren und Entfalten einher mit ausgeprägtem „Rassismus“ gegenüber nicht türkisch-sunnitischen Bevölkerungsgruppen. „Zur Schärfung der eigenen Identität werden Feindbilder propagiert“, antwortete die Bundesregierung im Februar auf eine Anfrage der Bundestags-Linken: Kurden, Armenier, Griechen und Juden würden als Feinde verstanden, Christen gälten als „Kollaborateure des grausamen Judentums“.
Bundesweit soll die Ülkücü-Bewegung etwa 3.000 Anhänger haben, in Niedersachsen wird ihre Zahl auf rund 600 geschätzt. Beim Konzert am Sonntag erwarten die Veranstalter an die 400 Besucher. AS