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Archiv-Artikel

„Bernd Lucke ist einer von uns“

PARTEIFREUNDE AfD-Ko-Chef Konrad Adam findet Führungskrisen „nie erfreulich“ und klagt über Vorständler Hans-Olaf Henkel

Konrad Adam

■ 72, Altphilologe, war bis 2007 28 Jahre lang Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und ist einer der Sprecher der Alternative für Deutschland (AfD).

taz: Herr Adam, was sagen Sie zur Führungskrise in der AfD?

Konrad Adam: Führungskrisen sind nie erfreulich. Wenn Sie mich fragen, bedauere ich, dass verschiedene Leute einen Beitrag geleistet haben, mich selbst eingeschlossen. Aber dadurch, dass man wegguckt und so tut, als wäre nichts, ist ja auch nichts gewonnen. Ich hoffe, dass die Krise als das begriffen wird, wozu Krisen ja letztlich da sind: den Anfang zu etwas Besserem zu machen.

Sie haben einen Brief unterzeichnet, in dem Sie Lucke „Führung nach Gutsherrenart“ vorwerfen. Droht die Spaltung?

Nein, ganz gewiss nicht. Wir wollen das nicht, und ich bin fest davon überzeugt, dass Herr Lucke das auch nicht will. Dafür haben wir einfach zu viel Zeit, zu viel Kraft und Energie und guten Willen in die Gründung und den Aufbau dieser Partei gesteckt. Im Übrigen ist der Brief durchaus entgegenkommend formuliert. Wir bitten – ich wiederhole: wir bitten – Herrn Lucke zu einem Gespräch. Ich kann nur hoffen, dass er darauf eingeht.

Was wäre so verkehrt an einem einzigen Vorsitzenden? Anders gefragt: Was sind die Vorzüge eines Dreierspitze?

Die Leute wollen mitreden. Ob zu Recht oder zu Unrecht, mit guten oder schlechten Gründen steht zunächst mal gar nicht zur Debatte. Wir müssen das ernst nehmen. Auch bei den Pegida-Leuten gibt es viele bunte Vögel, allzu bunte Vögel wahrscheinlich. Aber es ist nicht Aufgabe der Politik, vom hohen Ross herab die Leute abzukanzeln und ihnen zu sagen, sie sollten nach Hause gehen und den Mund halten.Wir müssen sehen, was da die wahren Beweggründe sind.

Und die wären?

Wenn Sie mich fragen, ist das bei der Pegida-Bewegung die Angst vor dem Auseinanderfallen der Gesellschaft nach oben und nach unten, in Wähler und Gewählte, Volk und Vertreter. Das ist die große Furcht der Leute.

Hans-Olaf Henkel hofft, dass Sie von der politischen Bühne abtreten. Was treibt das AfD-Vorstandsmitglied?

Das sollten Sie Herrn Henkel selbst fragen.

Hat es Sie getroffen?

Ja. Das ist ein massiver Angriff – zumal ich ihn für unberechtigt halte. Ich habe doch nicht mehr getan, als mit meinen Worten das zu wiederholen, was Herr Lucke selbst gesagt hat. Nämlich dass es sich bei seiner Einladung zum Kreisvorsitzendentreffen um eine Privatveranstaltung handelt, für die die Partei nicht in Anspruch genommen werden kann. Warum dann dieser Aufruhr entsteht, weiß ich nicht.

In Ihrem Brief an Herrn Lucke ist von „Drohungen“ die Rede. Was ist damit gemeint?

Genau das, was Herr Lucke in einem FAZ-Interview gesagt hat: Er überlege sich, ob er das weiterhin machen kann und will, wenn die Einerspitze nicht kommt. Ich habe das als eine Art Drohung verstanden. Nach dem Motto: Ich oder das Chaos. Aber Drohungen sind keine vertrauensbildenden Maßnahmen. Und was wir brauchen in einer kooperativen Führungsstruktur, ist Vertrauen. Dafür werben wir. Ich besonders.

Sie nennen Lucke einen Gesprächstermin: 18. Januar um 9 Uhr. Meinen Sie, er kommt?

Natürlich hoffen wir, dass er kommt. Wenn man eine Einladung an Gäste ausspricht, dann hofft man, dass sie kommen. Und er ist ja kein Gast. Er ist einer von uns. Und er ist sogar unbestritten der Primus inter pares. Er hat das meiste für die Partei getan, und das soll auch so bleiben. Aber ein bisschen haben wir auch beigetragen. Und das soll auch so bleiben.

INTERVIEW: ANJA MAIER