: Kiel will sich für Zockerbuden öffnen
WETTEN Das schwarz-gelb regierte Schleswig-Holstein bringt ein eigenes Glücksspielgesetz auf den Weg
VON ESTHER GEISSLINGER
KIEL taz | Die Pokerpartie läuft seit Jahren; jetzt wollen CDU und FDP in Schleswig-Holstein sehen: Am Mittwoch steht im Kieler Landtag das Glücksspielgesetz zur Abstimmung. Wird es beschlossen, können sich Anbieter von Internetspielen und Sportwetten im Land ansiedeln – bisher sind in Deutschland nur Glücksspiele staatlich kontrollierter Stellen erlaubt, der Online-Spielbetrieb wird gesetzlich gar nicht erfasst. Nachdem ein EU-Gericht diese Regelung für ungültig erklärte, verhandeln die Bundesländer über einen neuen Staatsvertrag. Das schwarz-gelb regierte Schleswig-Holstein hat ein eigenes Gesetzt lange angekündigt, aber mit der Umsetzung gezögert. Auch jetzt wollen CDU und FDP „die Tür für eine länderübergreifende Lösung offen lassen“. Gemeint ist, dass die Konzessionen für private Anbieter erst im März 2012 in Kraft treten. „Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass es doch zu einer gemeinsamen Lösung kommt“, so der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jörn Arp, einer der Vorkämpfer des Gesetzes.
CDU und FDP sehen „Bewegung in den anderen Bundesländern“, sich Schleswig-Holstein anschließen zu wollen. Die Opposition interpretiert die Lage anders: „Wir hören aus anderen Ländern, dass es kein Interesse an diesem Weg gibt“, sagt Andreas Beran, Glücksspielexperte der SPD-Fraktion in Kiel. Auch habe die EU-Kommission den Entwurf nicht kritisiert, sondern nur Fragen gestellt. 13 Bundesländer müssten einem Staatsvertrag zustimmen, damit er letztlich gültig wird.
Schleswig-Holstein hofft auf Abgaben für die Landeskasse in Millionenhöhe und neue Arbeitsplätze, wenn sich Wettanbieter ansiedeln. Vor allem aber soll der heutige Grau- und Schwarzmarkt des Internetspiels gesetzlich erfasst werden. Die angebliche Liberalisierung bedeute daher mehr Regeln, so FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki.
Kritiker der Liberalisierung, die unter dem Schlagwort „Las Vegas im Norden“ zusammengefasst wird, fürchten dagegen einen Wildwuchs an Anbietern. Zudem rechnen sie langfristig mit weniger Einnahmen für die Länder, wenn das staatliche Wettmonopol fällt; dann nämlich, wenn die privaten Wettanbieter ein anderes Besteuerungs- und Abgabeverfahren durchsetzen, um ihre Profite zu erhöhen. Die Opposition sowie Verbände der Suchthilfe kritisieren darüber hinaus, dass offensive Werbung für Daddeln und Wetten zu mehr Spielsüchtigen führt.
Dieser Kritik begegnen CDU und FDP mit einem weiteren Gesetz, das die Spielautomaten betrifft. Unter anderem verbietet es die heutige Praxis, mehrere Konzessionen gleichzeitig in eine Spielhalle zu legen, um die Zahl der Automaten zu steigern – ein solches Verbot wäre nach Ansicht von Suchtberatern sinnvoll.
Fraglich ist, ob ein Alleingang Schleswig-Holsteins direkte Folgen für die staatlichen Lotto- und Totospiele hat. „Wir prüfen zurzeit“, so ein Sprecher des Lotto- und Totoblocks. Unklar ist auch, wie lange das schwarz-gelbe Glücksspielgesetz gültig bleibt. Die SPD hat angekündigt, es einzukassieren, wenn sie nach der Wahl im Mai 2012 an der Regierung beteiligt sei.