Protest gegen Bundeswehr-Werbetour

Regelmäßig wirbt die Bundeswehr in Jobcentern für eine Karriere im Militär. Dagegen protestiert die Kampagne „Bundeswehr wegtreten“ – oft mit Erfolg. Die Aktivisten sehen darin einen Ersatz für die Anti-Gelöbnis-Demos

Seit knapp einem Jahr versucht die Bundeswehr, die verschiedenen Karrieremöglichkeiten beim Militär mit Vorträgen und Infoständen Erwerbslosen in Jobcentern näherzubringen. Die Erfolge waren bisher bescheiden. Weil auch BundeswehrgegnerInnen ihr Erscheinen ankündigten, sagten die Bundeswehr-Werber in den vergangenen Monaten drei Mal Infoveranstaltungen im Jobcenter Mitte kurzfristig ab. Ende Mai verdrückten sich die olivgrünen Werber erstmals nicht vor den Protesten. Roland Wohlgemuth von der Kampagne „Bundeswehr wegtreten“ rechnet deshalb damit, dass die Bundeswehr auch am Donnerstag ihre Werbeveranstaltung durchziehen wird. Das Jobcenter unterstützt sie dabei. Für dessen Leitung ist die Bundeswehr ein Arbeitgeber wie jeder andere; sie habe daher das Recht, die Erwerbslosen über die Jobmöglichkeiten zu informieren, sagte eine Sprecherin des Jobcenters.

Das sehen die KritikerInnen anders. Ihre Motive für den Protest sind sehr unterschiedlich. „Dazu gehören AktivistInnen der Erwerbslosenbewegung, AntimilitaristInnen und einfach Menschen, die etwas dagegen haben, dass sich die Bundeswehr immer selbstverständlicher im öffentlichen Raum bewegt“, sagt Roland Wohlgemuth.

Jahrelang belagerten AntimilitaristInnen immer am 20. Juli das Bundeswehrgelöbnis im Bendlerblock. Doch ihre Zahl sank in der letzten Zeit stetig. Viele sahen die Proteste nur noch als Ritual und blieben weg. In diesem Jahr kam war ihre Zahl nur noch zweistellig. Mit den Aktionen gegen die Bundeswehr-Werbetour vor den Jobcentern haben die AntimilitaristInnen nun ein neues Betätigungsfeld gefunden. Die prompten Absagen zeigten, wie unsicher das Militär auf dem neuen Terrain noch ist, so Aktivist Wohlgemuth.

Trotzdem sieht er in solchen kleinen Siegen keinen Grund für Jubelgeschrei. Ein Problem sei vor allem, dass manche jungen Männer ohne Job in der Bundeswehr tatsächlich eine Chance für sich sehen und sauer auf die KritikerInnen sind. „Die haben eine sehr gefestigte Meinung und wollen mit uns gar nicht reden“, so der Antimilitarist. Allerdings hat er auch bei denen, die im Militär für sich eine Alternative sehen, schon Überraschungen erlebt. So wollte sich einer an der Waffe ausbilden lassen, erzählt Wohlgemuth – nur um sich einmal einer Guerilla anschließen zu können. PETER NOWAK

Die Kundgebung vor dem Jobcenter Mitte in der Friedrichstraße 39 beginnt morgen um 15 Uhr